Der Untertitel ist Programm. Veneda Mühlenbrink schreibt in ihrem Roman Odéonia, Paris über „eine Liebe, zwei Buchhändlerinnen und die Welt der Bücherfreunde“. Im Mittelpunkt stehen die Buchhändlerinnen Adrienne Monnier und Sylvia Beach, die jahrzehntelang in der Rue de l’Odéon ihre legendären Buchhandlungen betrieben. Die beiden verband nicht nur ihre Leidenschaft für Bücher und Literatur, sondern auch eine ebenso leidenschaftliche Liebe.
Als Sylvia Beach und Adrienne Monnier sich kennenlernten, genoss die Französin unter den in Paris lebenden KünstlerInnen schon einen besonderen Status: „Sie ist ‚La Maison des Amis des Livres‘“, sagt der französische Schriftsteller Philippe Soupault. In ihrer Buchhandlung in der Rue de l’Odéon konnte man nicht nur Bücher kaufen, sondern auch ausleihen. Denn Adrienne Monnier wollte die Literatur auch „kleinen Leuten“ nahebringen.
Daran, dass Sylvia Beach keine französische Buchhandlung in New York, sondern im November 1919 eine amerikanische Buchhandlung in Paris eröffnete, hatte Adrienne Monnier wesentlichen Anteil: Sie war die Partnerin, nach der sich Sylvia Beach gesehnt hatte. „Kein Mensch passte besser in ihr Leben.“ Und auch beruflich half Adrienne Monnier ihrer Lebenspartnerin auf die Sprünge: Sie entdeckte die Räume für Sylvia Beachs Buchladen, vermittelte ihr die nötigen Kenntnisse und Kontakte zur kulturellen und politischen Avantgarde, der Lost Generation. Gertrude Stein, die diesen Namen geprägt hatte, gehörte ebenso zum Kreis um Adrienne Monnier wie André Breton, Colette, Ezra Pound, Picasso oder André Gide.
Der Literaturnobelpreisträger von 1947 gehörte zu den ersten Kunden von Shakespeare & Company; schnell wurde die Buchhandlung zur Anlaufstelle für kritische Künstlerinnen und Künstler, die der puritanischen Bigotterie Amerikas entflohen und – wie ihre Landsfrau Sylvia Beach – die Freiheit in Paris schätzten. Nicht wenige, unter ihnen Ernest Hemingway, nutzten die Buchhandlung als Post- und Telefonadresse.
Odéonia, das „freie Land der Literatur“ zwischen den beiden Buchhandlungen in der Rue de l’Odéon, entwickelte sich zum Treffpunkt von KünstlerInnen aus aller Welt: „Es war zur geistigen Heimat für Menschen geworden, die an die Macht des Kreativen glaubten und daran, dass Bücher eine Welt unerschöpflicher Möglichkeiten verkörperten.“
Sylvia Beach und Adrienne Monnier prägten das Literaturgeschäft in und um Paris: Sie ergänzten und unterstützten sich gegenseitig; sie waren „wie zwei Zahnräder, die exakt eins ins andere griffen“. „Adrienne brachte Menschen zusammen, die Geschichten erzählten, und solche, die sie verlegten, und wieder andere, die sie anschließend kritisierten und besprachen.“ Die Rezensionen von Adrienne Monnier halfen jungen unbekannten AutorInnen, einen Verlag zu finden. Hemingway bezeichnete Sylvia Beach als „Schutzpatron für Schriftsteller“; Literaturgeschichte schrieb sie als Verlegerin von James Joyce’ Ulysses. Niemand in Irland, England und Amerika wagte es, den als frivol oder pornografisch geltenden Roman zu drucken; Margaret Anderson, der Verlegerin der Literaturzeitschrift The Little Review, die Auszüge abgedruckt hatte, drohte in den USA ein Verfahren wegen Pornografie. Sylvia Beach ging das Wagnis ein – und legte damit den Grundstein für den Welterfolg von Ulysses.
Privat belastete die Arbeit mit Joyce und ihr zeitaufwendiges Engagement für Ulysses die Beziehung zu Adrienne Monnier allerdings schwer. Und auch finanziell zahlte sich das Risiko für Sylvia Beach nicht aus. Nach der ersten Auflage wechselte Joyce den Verlag.
Die Wirtschaftskrise machte den engagierten Buchhändlerinnen zu schaffen; obwohl sie Tag und Nacht arbeiteten, reichten die Einkünfte oft nicht. Privat trennten sich die Wege für kurze Zeit, als Gisèle Freund in Adrienne Monniers Leben trat. Doch ins Exil nach Argentinien folgte sie der Fotografin nicht: Adrienne Monnier und Sylvia Beach blieben bis zu Monniers Tod im Jahr 1955 zusammen. Shakespeare & Company verschwand über Nacht, als ein deutscher Besatzungsoffizier während des Zweiten Weltkriegs drohte, die Bücher zu beschlagnahmen. In die Hände der Nazis sollten die Bücher nicht fallen.
Veneda Mühlenbrinks Roman basiert auf historischen Begebenheiten und gründlichen Recherchen. Personen und Schauplätze sind anschaulich geschildert; schnell fühlt man sich ins Paris der 20er und 30er Jahre versetzt. Aber was ist Dichtung, was ist Wahrheit? Diese Frage beschäftigt mich nach der Lektüre. Und so tauche ich tiefer in die Welt der Bücherfreunde, Salons und Buchhandlungen ein: Ich lese Sylvia Beachs Shakespeare and Company. Ein Buchladen in Paris wieder, bestelle Adrienne Monniers Aufzeichnungen aus der Rue de l’Odéon, Gertrude Steins Autobiographie von Alice B. Toklas und die Büchernärrinnen mit einem Porträt der beiden Buchhändlerinnen. Viel Stoff und Anregungen zum Weiterlesen. Was will ein Roman mehr …
Zur Autorin: Veneda Mühlenbrink debutierte 2001 mit dem Roman Connys Reise. Ihr bislang größter Erfolg wurde Irgendwo auf der Welt fängt mein Weg zum Himmel an, die Lebensgeschichte einer 98-Jährigen, die über zwei Jahre bis zu ihrem Tod begleitet wurde (Helmer, 2010). Die Autorin lebt nahe Hannover sowie in Berlin. Teile ihres neuen Romans Odéonia, Paris entstanden stilecht im Pariser Café Les Deux Magots …
Ein Exemplar des Buches gewinnen – #bloggerschenkenlesefreude
Im Rahmen der Aktion Bloggerinnen schenken Lesefreude, an der wir uns mit unserem BücherFrauen-Blog beteiligen, habt ihr die Möglichkeit, dieses Buch zu gewinnen. Bitte kommentiert unter diesem Beitrag, warum gerade ihr Odéonia, Paris gewinnen möchtet. Mit eurem Kommentar nehmt ihr dann an der Verlosung teil. Es kann bis zum 7. Mai kommentiert werden. Anschließend wird die Gewinnerin/der Gewinner ausgelost. Viel Erfolg!
Mühlenbrink, Veneda: Odéonia, Paris. Eine Liebe, zwei Buchhändlerinnen und die Welt der Bücherfreunde
Ulrike Helmer Verlag
Paperback, 198 Seiten
ISBN 978-3-89741-392-4
Euro 15,00
23. April 2017 um 19:44
Ich liebe Bücher, in denen Bücherfrauen (Buchhändlerinnen, Archivarinnen …) vorkommen oder Bibliotheken, fahrende Büchereien, Buchhandlungen, die neu belebt werden, Lektorinnen, die auf Manuskriptjagd gehen. Warum? Bin Lektorin und liebe Buchhandlungen, Bibliotheken, schöne Bücher und Bücherfrauen :-))
24. April 2017 um 07:11
Mir geht es ähnlich, deshalb habe ich mich für dieses Buch entschieden
24. April 2017 um 14:10
Ich würde gern Odèonia, Paris gewinnen, da ich auch eine Leidenschaft für Bücher habe und liebe Geschichten über starke Frauen.
25. April 2017 um 09:55
Geschichten über Frauen lese ich besonders gerne. Wenn es dann auch noch historischen Hintergrund beinhaltet, dann ist mein Interesse doppelt so groß. Ich liebe die Buchhandlung vor Ort, ich kann einfach an keiner vorbei gehen. Das Buch interessiert mich sehr.
25. April 2017 um 12:38
Bücher über Buchhändlerinnen, vor allem in Paris und dann noch zu dieser Zeit, wecken in mir sofort den Drang, sie lesen zu wollen … Ich komme viel zu selten in Buchhandlungen, da freue ich mich sehr, über so (buch-)leidenschaftliche Frauen zu lesen …
25. April 2017 um 16:13
Eine spannende Zeit – gerade in Paris. Und Menschen, die Büchern ihr Leben widmen – perfekte Mischung, das würde ich gern lesen.
25. April 2017 um 21:18
das Buch klingt ja so schön, würde gerne die Geschichte der Buchhändlerinnen lesen
28. April 2017 um 20:05
Hallo,
vielen Dank für das Gewinnspiel, das Buch klingt wirklich toll und Geschichten über so tolle Frauen lese ich gerne, weshalb ich gerne mein Glück versuchen würde 🙂
LG
3. Mai 2017 um 18:22
Ich würde das Buch gerne gewinnen, denn letztes Jahr habe ich fast unsere ganze Flitterwoche im Buchladen Shakespeare & Company verbracht, weil mein Mann krank war. Ich mochte die Atmosphäre da & die vielen englischsprachigen Bücher. Außerdem möchte ich gewinnen, weil die Geschichte einfach toll klingt. 🙂
7. Mai 2017 um 12:48
Allen, die Kommentare hinterlassen haben, ganz herzlichen Dank für’s Mitmachen. Die Gewinnerin ist inzwischen ausgelost und benachrichtigt worden. Für alle anderen zum Trost: Das Buch gibt es auch im Buchhandel.