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Die beliebtesten Buchtipps auf Instagram

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Seit Anfang 2021 sind die BücherFrauen auch auf Instagram vertreten. Nach einem Jahr konnten wir vor Kurzem die 1000. Followerin feiern! Ein wichtiger Bestandteil des Kanals waren von Anfang kurze Buchtipps aus unserem Netzwerk. Einige der beliebtesten Tipps des Jahres 2021 sind hier zusammengestellt, weitere findet Ihr auf Instagram.

Susana Fortes: Warten auf Robert Capa

Empfohlen von Susanne Martin, Regionalgruppe Stuttgart

Dieser Roman ist nicht nur eine Liebesgeschichte, die unter die Haut geht, sondern gleichzeitig das Porträt einer unruhigen Zeit und das zweier Menschen, die für dieselbe Leidenschaft brennen: Die Fotografie. Die deutsche Jüdin Greta Pohorylle und der ungarische Jude Andre Friedmann lernen sich in Paris kennen und lieben. Friedmann arbeitet als Fotograf und Greta wird zunächst zu seiner “Managerin”, beginnt aber dann auch selbst zu fotografieren. Sie ist es auch, die für ihren Geliebten das Pseudonym Robert Capa erfindet, den angeblichen amerikanischen Fotojournalisten, für dessen Bilder deutlich bessere Honorare bezahlt werden. Aus ihr selbst wird Greta Taro. Wie viele andere junge Menschen ihrer Generation geht das Paar 1936 nach Spanien und trägt mit seinen Bildern das Leid und die Brutalität des Bürgerkriegs in die Welt. Viele Bilder von Greta erscheinen unter Capas Namen. Dort entsteht auch das Bild, das Robert Capa unsterblich machte und das bis heute als Ikone der Kriegsfotografie gilt. Spannend und lesenswert!

Erschienen im Verlag Ebersbach und Simon, 255 S., ISBN/EAN: 9783869151205 (© Foto: Susanne Martin)

 

Dilek Güngör: Vater und ich

Empfohlen von Katrin Bietz, Regionalgruppe Hamburg, Inhaberin von Prosa – Der Buchladen in Lübeck

Dilek Güngör haben sicher einige schon durch ihren wunderbaren Roman „Ich bin Özlem“ kennengelernt, in dem sie sich mit dem Thema Herkunft und der Prägung durch diese auseinandersetzt. Die Widersprüchlichkeit, die sich für die Hauptfigur aus Zuschreibung und eigenem Handeln in einem identitären Raster ergibt, wird in diesem Roman überdeutlich. In ihrem neuen Buch fahren wir mit der Hauptfigur Ipek zum Vater, der eine Woche alleine zu Hause ist. Ipek, in Deutschland aufgewachsen, hatte als Kind eine innige und gute Beziehung zu ihrem eingewanderten türkischen Vater, doch diese ging mit dem Erwachsenwerden und den damit verbundenen Schamhaftigkeiten von Seiten des Vaters wie auch ihrer selbst verloren und wich einer Fremdheit, die nicht durch Gespräche geheilt werden kann. So auch bei diesem Besuch. Ipek ringt um die Möglichkeiten entweder das Schweigen zu durchbrechen oder es einfach als Ausdruck ihrer eigenen Art von Nähe zum Vater zu begreifen. Die sprachlichen Mittel sind, wie auch beim genannten Vorgängerbuch, schlicht und schnörkellos. Dennoch besticht der Roman auch hier durch genaue Beobachtung und Wiedergabe des Erlebten, sodass die Lesenden hineingezogen werden in ein Vater-Tochter-Problem, das vermutlich viele erwachsene Töchter betrifft. Daneben, und das hat mir besonders gefallen, verhandelt Güngör auch die Themen Zuwanderung und kulturelle Verschiedenheit. Das Hauptthema ist ein anderes in diesem Roman und doch ist die Verknüpfung wichtig für das Verständnis des Besonderen, das die Beziehung Ipeks zu ihrem Vater prägt. (© Foto: Katrin Bietz)

Erschienen im Verbrecher Verlag, 101 S., ISBN/EAN: 9783957324924

Steven Appleby: Dragman

Empfohlen von Lea Hübner, Regionalgrupe Berlin

Der Schaltzeit Verlag ist ein unabhängiger Verlag in Berlin und hat mit “Dragman” erstmalig eine Graphic Novel im Programm. Und was für eine! Schlüpft die Hauptfigur August Crimp in Frauenkleider, bekommt sie Superkräfte und bringt als Trans-Superheldin nicht nur den üblichen Superheldenkosmos durcheinander, sondern schafft es mit unorthodoxen Methoden einen Serienkiller zu stellen und dem Seelenhandel ein Schnippchen zu schlagen. Die Geschichte erzählt viel über Steven Applebys eigenen Weg und sein Freiwerden von einem heimlichen Doppelleben. Die Art wie Appleby, dessen Cartoons einigen aus “The Guardian” oder der “Zeit” bekannt sein dürften, in seinem mehrere hundert Seiten starken Meta-Superhelden-Thriller mit viel Humor und Tiefgang für Trans-Akzeptanz eintritt und nebenbei ein faules materialistisches System in die Mangel nimmt, hat es mir sehr angetan. Absolut lesenswert!

Erschienen im Schaltzeit Verlag, 336 S., ISBN/EAN: 9783946972495 (© Foto: Lea Hübner)

Margit Schreiner: Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen

Empfohlen von Anita Djafari, Regionalgrupe Frankfurt

Vater. Mutter. Kind. Ein Kinderspiel. Wird immer noch gern gespielt, in der Kita, im Sandkasten. Die Idealvorstellung, das Idyll. Warum dann aber Kriegserklärung? Wem gilt diese? Auf jeden Fall hat die Siebenjährige, die hier von Margit Schreiner in ihren Lebenserinnerungen vorgestellt wird, solche Kriegserklärungen im Kopf. Schließlich beginnt in diesem Lebensjahr der so genannte „Ernst des Lebens“, man kommt zur Schule, man muss sich „stellen“. In vielen Episoden erinnert Margit Schreiner an die Siebenjährige und Grundschülerin, die sie in den 60er Jahren war. Und sie verschränkt diese Lebenserinnerung gleichzeitig mit ihren Erfahrungen, die sie selbst im Pensionsalter, in ihrem siebten Lebensjahrzehnt macht. Als Autorin geht man zwar nicht in Pension, wie sie schreibt. Aber eine Herausforderung ist diese Phase im Leben auch.  Was für mich dieses Buch, diese große Erinnerungsarbeit  zu einer vergnüglichen Lektüre gemacht hat, ist das Nebeneinander von Witz und Ernst, Leichtigkeit und Verstörung, das uns immer wieder zu eigenen Erinnerungen reizt. (© Foto: Susanne Martin)

Ein ausführliches Gespräch über das Buch könnt Ihr in unserem Podcast Buchmacherinnen anhören.

Erschienen im Schöffling Verlag, 224 S., ISBN/EAN: 9783895612831

Clare Chambers: Kleine Freuden

Empfohlen von Melanie Hartmann, Regionalgruppe München, Buchhändlerin in der Buchhandlung Leselust, Gilching

Jean Swinney, Redakteurin bei einer lokalen Zeitung, führt ein sehr eintöniges, langweiliges Leben, gefangen in den immer gleichen Abläufen gemeinsam mit ihrer sehr eigenwilligen, kränklichen Mutter. Obwohl sie gerade erst 40 geworden ist, scheint sie nichts mehr vom Leben erwarten zu können. Doch dann bringt eine journalistische Recherche unerwartet Schwung in ihr Leben und sie erkennt, dass es auch für sie Freundschaft, ja sogar Liebe, geben kann. Ich liebe diesen feinen englischen Humor, diese Andeutungen, dieses Verhaltene, hinter dem aber immer ein Begehren lodert. Hat mich an die Bücher von Jane Gardam erinnert. Ich wünsche mir mehr solcher Bücher, die so richtig ans Herz gehen und doch überhaupt nicht kitschig oder trivial sind! Aus dem Englischen wunderbar übersetzt von der Münchner Bücherfrau Karen Gerwig (@fraugerwig).”

Erschienen im Eisele Verlag, 432 S., ISBN/EAN: 9783961611164 (© Melanie Hartmann)

Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt

Empfohlen von Barbara Scholz, Regionalgruppe Stuttgart

Ein Roman wie ein Gedicht, auf das Wesentliche reduziert und in einer wunderbar poetischen Sprache. Sieben Personen aus vier Generationen erzählen eine Familiengeschichte, die im Rumänien Ceaucescus beginnt und in Berlin endet. Samuels Geburt steht am Anfang und ihn begleiten wir durch die Erzählungen aller sieben Personen: der Eltern, der Großmutter, seiner Liebe, seiner Freunde und seiner Tochter. “Es gab Sehnsucht nach etwas, das verloren war, Sehnsucht nach etwas, das sich nicht erfüllt hatte, Sehnsucht danach, etwas zu finden, und manchmal auch danach, etwas zu verlieren.” Ein besonderer Zauber geht von dem Roman aus, und am Ende angekommen, möchte man gleich wieder neu beginnen. Ein Buch, das ich bestimmt mehrmals lesen werde, weil es so traumhaft schön geschrieben ist, so wie man ein Gedicht ja auch viele Male lesen kann.

Erschienen im Klett-Cotta Verlag, 215 S., ISBN/EAN: 9783608984866 (© Foto: Barbara Scholz)

Ihr habt auch ein Buch, das Ihr gerne auf Instagram empfehlen würdet? Dann schickt einen kurzen, aussagekräftigen Text, in dem Ihr etwas über den Inhalt schreibt und warum Ihr das Buch empfehlt (ca. 1800 Zeichen) sowie ein Foto, das Euch mit dem Buch zeigt oder auf dem das Buch schön inszeniert ist, an das Instagram-Team: some(at)buecherfrauen.de.

 

 

Autor: Susanne Martin

Susanne Martin arbeitete von 1976 - 2018 im Buchhandel. Von 1995 – 2018 war sie die Inhaberin der Schiller Buchhandlung. Ende Februar 2018 schloss sie die Buchhandlung. Eine Buchhandlung zu schließen heißt aber nicht, das Lesen und die Bücher aufzugeben. Deshalb teilt sie ihre Leseerlebnisse in ihrem Blog www.schiller-buch.de. (Foto: Thomas Herrmann)

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