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Ein Beitrag zur Debattenkultur in der Buchbranche

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„Für Snapchat bin ich zu alt“ – und habe es trotzdem ausprobiert

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„Für Snapchat bin ich zu alt.“ Ich habe diesen Satz selbst einmal gesagt und bekomme ihn oft zu hören, wenn ich mit anderen in meinem Alter (35+) und darüber hinaus über Snapchat spreche. Was Snapchat genau ist, was es kann und warum jetzt sogar die BücherFrauen einen Account haben, darüber schreibe ich hier.

Fangen wir bei den Basics an: Snapchat ist eine Mischung aus Messenger, Foto- und Videoplattform mit jeder Menge Möglichkeiten, die eigenen Bilder mithilfe von Filtern, Linsen, Stickern und Emojis kreativ zu gestalten. Snapchat kommt als kostenlose App auf Android- und Apple-Geräte. Für Windows-Phones ist sie nicht verfügbar.

Schneller Einstieg per Video-Tutorial gewünscht?

Ich will zu Snapchat nicht die xte-Anleitung schreiben. Wenn es euch interessiert, jetzt gleich einzusteigen, habe ich ein Youtube-Video von Moin Yaminah, einer Youtuberin, rausgesucht, die das Ganze in zwei Minuten erklärt und zeigt.

Auch Philipp Steuer hat sich intensiv mit Snapchat auseinandergesetzt und ein 85 Seiten starkes Buch, vielmehr einen Snapchat-Guide, zusammengestellt (snapmeifyoucan.net), und das Ganze ebenfalls in einem Youtube-Video auf vier Minuten runtergedampft und dabei sehr schnell gesprochen. Spoiler: Beispiele mit deutlich männlichem Fokus.

Netzwerkentscheidung: Privat oder öffentlich?

Wie in jedem anderen Internet-Netzwerk auch, empfiehlt es sich, gleich am Anfang und danach immer wieder genau zu überlegen, wie privat oder öffentlich man selbst gerne sein möchte. Bei Snapchat ist sowohl chatten (seit Neuestem sogar gruppenchatten) unter Freunden und Bekannten möglich (inklusive Austausch von Videos, Fotos, Sprachnachrichten und Anrufen). Man kann Geschichten oder auch Storys (Foto- und Video-Kombinationen) aber auch allen seinen Freunden oder sogar der ganzen Welt (besonders geeignet für Promis) für 24 Stunden zur Verfügung stellen. Das legt frau in den Einstellungen fest, bei den Fragen, wer die eigene Story sehen oder wer einen kontakten darf.

„Nur 24 Stunden?“, fragen wohl ziemlich oft Marketingbeauftragte von Unternehmen, die über den Einsatz von Snapchat nachdenken. Ich kann das verstehen, schließlich ist das Erstellen von Social-Media-Content aufwendig. Gerade die Aussicht darauf, dass Snaps nach 24 Stunden weg sind, befreit aber auch, nämlich vom Anspruch, ständig perfekten Inhalt für eine Marke abliefern zu müssen.

Jochen Henke (Snapchat-Namen, die ihr direkt über die Freundes-Such-Option eingeben könnt, hier im Beitrag kursiv: rauriser) sagt es noch ein bisschen deutlicher: „Warum glauben eigentlich manche, dass ihr Content die Leute ewig interessiert?“ Wenn man das tatsächlich glaubt, hat man immer noch die Möglichkeit, seine Snaps und Storys selbst zu speichern, sie zu teilen oder was auch immer damit zu machen. Alle anderen können sich entspannen.

Ganz nah dran, wenn man dich lässt

Der bereits erwähnte Philipp Steuer hat eine Zeitlang interessante Snapchat-Accounts zusammengetragen und auf Snapgeist (http://discover.snapgeist.com/) versammelt. Denn die Recherche, welchen SnapperInnen frau folgen könnte, gestaltet sich über die App alleine tatsächlich schwierig. Inzwischen gibt die Anwendung aber auch selbst Tipps, wem man folgen könnte.

Ich habe Snapgeist, wo schon länger keine neuen Entdeckungen mehr dazuzukommen scheinen, für den Anfang genutzt und bin Persönlichkeiten gefolgt, die ich auch schon von anderen Netzwerken kannte oder die mir interessant erschienen.

Da waren auch die Sängerinnen Lena (helloleni) und Jennifer Weist (Frontfrau von Jennifer Rostock, hat den Account-Meldungen zufolge aber gerade gelöscht) darunter. Mutig von Jennifer Weist fand ich, wie offen sie in ihrem Snapchat-Kanal zum Beispiel mit ihren Ernährungsunverträglichkeiten umgegangen ist. Und genau das macht vor allem auch die Faszination von Snapchat-Storys aus: Offenheit.

Wie gesagt, auf jeder Plattform entscheidet frau in erster Linie selbst, was sie preisgibt. Und ich glaube, dass das viele auch sehr gut kalkulieren können. Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass die Eine oder der Andere in der vermeintlich vertrauten Situation – nämlich in trauter Zweisamkeit mit dem Smartphone – mehr preisgibt, als sie es tun würden, wenn sie der gleichen Menge an Zuschauerinnen, die ihre Snaps sehen, auch real gegenüberstehen würden.

In sein Smartphone zu quatschen und sich dabei zu filmen, kostet zunächst Überwindung, vor allem in der Öffentlichkeit. Aber wenn man diese Hemmschwelle überwunden hat, geht’s leichter, manchmal vielleicht zu leicht. Und auch hier gilt, wie bei allem anderen in diesem „Internetz“, immer mal wieder innehalten und sich selbst reflektieren. Und wenn man nichts zu sagen hat, dann eben einfach mal nichts sagen.

Die Snapchat-FollowerInnen nehmen das, so mein Eindruck, nicht übel. In erster Linie beschäftigt man sich mit den Inhalten, die vorhanden sind. Inhalte, die fehlen, fallen nicht auf. Oder nur dann, wenn man sehr analytisch seine Freundesliste durchforstet und feststellt, dass sich dort auch sehr viele Accounts tummeln können, von denen man selten bis nie selbst etwas sieht. In diesem Fall spricht sicher auch nichts dagegen, sich von diesen Accounts wieder zu trennen. Das Gleiche gilt auch für Accounts, deren Inhalte man auf Dauer nicht ertragen kann. In dem Fall kann man Snapchat wie eine selbst zusammengestellte Fernsehunterhaltung nutzen. Was nicht interessiert, muss auch nicht eingeschaltet werden. Einfach ausschalten, das haben wir ja damals schon bei Löwenzahn gelernt.

Eine neue Art, nah am Geschehen zu sein

Einige journalistische Redaktionen und Medienangebote, die als Zielgruppe vor allem junge Follower haben, verstehen es bereits, regelmäßig (je nach Format auch täglich) gute Inhalte und Berichterstattungen per Snapchat anzubieten.

So hatte ich das Gefühl, an einigen der internationalen, politischen Großereignisse im letzten Jahr sehr nah dran zu sein, auch wenn ich mir in beiden Fällen eher gewünscht hätte, ganz weit weg statt ganz nah dran zu sein: Beim Brexit vor allem mit Reporterinnen und Reportern vom Handelsblatt (orangehb) und Funkhaus Europa (funkhauseuropa), bei den Wahlen in den USA vor allem mit Eva Schulz (privat: hurraeva) von hochkant, dem Jugendangebot von ARD und ZDF auf Snapchat.

Eva Schulz hat gerade vor ein paar Tagen auf der Verleihung „Goldene Blogger“ über ihre Berichterstattung beim US-Wahlkampf berichtet. Bei einem der letzten Wahlkampauftritte von Hillary Clinton, einem Konzert von Lady Gaga, befragte Eva Schulz Konzertzuschauer, wen sie wählen würden. Die Aussagen hat sie jeweils als 10-Sekunden-Snaps über den hochkant-Account versendet. Die Antwort einer Zuschauerin hat sie besonders überrascht: „Ich habe schon Trump gewählt und bin nur wegen Lady Gaga hier.“

Snapchat und Bücher

Wie so oft ist die Buchbranche zurückhaltend. Ganze zwei Verlage habe ich bisher auf Snapchat entdecken können: Carlsen (carlsenverlag) und Rowohlt (rowohltverlag). Zum Bachmannpreis in Klagenfurt gab es 2016 den Account bachmannpreis.

Die Autorin Pia Ziefle (frauziefle) startete im Sommer 2016 mit dem Snappen von Klappentexten, reduziert auf die Substantive im Text, damit ein Eindruck in kurze Videosnaps passt. Sie schrieb darüber auch in ihrem Blog. Davon hätte ich gern eine Fortsetzung, und schaue mir gern auch ihre Hundeschnauzen an.

– Überhaupt eignen sich Haustiere wie in allen anderen Medien sehr gut auch für Snapchat. Die Gemeinde teilt sich in Hunde- und Katzenbesitzer, neuester Zuwachs: Mops Mochi von flamingokim. –

Schnell aber wieder zurück zur Literatur: Am meisten beeindruckte mich in diesem Bereich zuletzt katrijnmobiel, die mithilfe von Bildern, kleinen Video-Sequenzen, Musik und gestaltetem Text Snapchat-Shortstorys schafft. Einige der Kurzgeschichten konserviert sie auf Youtube, sodass wir sie nun auch nach Ablauf der 24 Stunden Snapchat-Überlebensdauer sehen können.

Ein ganz neuer Zugang zu Literatur, wie ich finde. Von diesen Snapchat-Shortstorys will ich noch viel mehr, ihr nicht auch? Solltet ihr noch mehr Verlage, Autorinnen, Buchmenschen auf Snapchat kennen, bitte schreibt den Snapchat-Namen gerne in die Kommentare, damit alle, die es interessiert, die Snapperinnen und Snapper hinzufügen können.

#sichtbar: BücherFrauen auf Snapchat

Und jetzt gibt es die BücherFrauen (buecherfrauen) also auch auf Snapchat. Für mich ist das eine wunderbare Möglichkeit, unsere Blogreihe #sichtbar in einem anderen Medium fortzusetzen und BücherFrauen im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar zu machen. Wenn BücherFrauen und Regionalgruppen Interesse daran haben und Snapchat in rotierender Weise ausprobieren möchten, dann könnte es auf dem Kanal immer wieder kleine Ausschnitte von Veranstaltungen von und mit BücherFrauen geben.

Zwei Beispiele von Veranstaltungen aus Berlin gibt es bereits.

Zum Abschluss noch ein paar weitere Empfehlungen von Snapperinnen und Snappern:

Juli von heimatpott ist für mich der Inbegriff von Snapchat. So konstant, unterhaltsam, emotional (liest sie sicher nicht gern, aber deshalb schauen doch so viele zu ;-)) schafft es kaum eine andere, ihre Zuschauerinnen und Zuschauer an ihrem Alltag teilhaben zu lassen.

Snapchat-Spaziergänge gibt es inzwischen auf snapnwalk (initiiert von dagger-snap & auricau)

Weil erinnern an die Shoa Pflicht ist: sachorjetzt.

Geschichten aus Wien von Filmdramaturgin Ines Häufler: ineshae

Wenn ihr die Empfehlungsliste in den Kommentaren fortführen wollt, freue ich mich sehr.

Und addet doch gleich mal in Snapchat die BücherFrauen: Einfach in der App den folgenden Snapcode abfotografieren, kurz warten, bis das Programm analysiert, dass es hier einen Code entschlüsseln soll, und dann auf  “adden” klicken.

BücherFrauen-Snapcode

Genauso kannst du natürlich auch der Autorin, Jana Stahl, auf Snapchat folgen:

Janas Snapcode

Autor: Jana Stahl

Jana Stahl ist freie Lektorin und Journalistin in Heidelberg. Parallel zur Textarbeit koordinierte sie von 2012 bis 2015 die Webaktivitäten der BücherFrauen, unter anderem auch in diesem Blog. Seit 2015 ist sie im Vorstand der BücherFrauen und seitdem inzwischen auch als #1teBFonTour unterwegs. Im Internet außerdem auch zu finden als Die Wortratgeberin.de. (Google+: Jana Stahl)

4 Kommentare

  1. Super, danke für diesen Bericht. Ich bin aber trotzdem zu alt… Halte mich lieber an Instagram Stories..

    • Klar, Instagramm Stories sind auch spannend, wie wär’s mit einem Blogbeitrag? Bei Snapchat gab’s große Aufregung, als Instagram die Stories eingeführt hat. Und die im Beitrag erwähnte Jennifer Weist hat laut der Dasding-Meldung wohl Snapchat wegen der größeren Reichweite von Instagram verlassen.

      Spannend, welches Netzwerk sich vom anderen “inspirieren” lässt und wohin sich die einzelnen Netzwerke deswegen weiterentwickeln.

      Machst Du denn bei Instagram selbst Stories oder wem schaust Du zu, gibt’s Empfehlungen?

  2. Ja, es ist wie mit allen technischen Neuerungen: Wenn jemand etwas Tolles erfindet, das ankommt, dann übernehmen es die führenden Plattformen meist. Ich finde es gut, dass Instagram und Facebook jetzt auch Story- bzw. Live-Optionen eingeführt haben. So ist man bei der Nutzung des Kanals nicht mehr auf die Technik des Storytellings beschränkt. Allerdings darf man die Zielgruppe nicht aus den Augen verlieren: Wer sich momentan auf Snapchat bewegt (meist jüngere Menschen) wird nicht zu Instagram wechseln, weil es dort jetzt auch Stories gibt. So wird jeder seinen Kanal finden, um seine verschiedenen Zielgruppen zu erreichen.

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