Messesamstag, 10 Uhr. Leander Wattig, Kontaktkleber der Buchbranche, hat wieder bravourös gebastelt und 140 VerlagsautorInnen, Self-Publisher, BloggerInnen, TexterInnen und PublizistInnen auf die Mehrzweckfläche 3 des Congress Center Leipzig gelockt. Unsexy und sperrig der Name dieser Location. Umso attraktiver und kreativer, was sich bis zum frühen Abend hier abspielen wird: Die „Brains der Branche“, die AutorInnen sind los.
Ein kleines Zahlengetümmel, bevor hier nur noch Worte gezückt werden: zehn Tische, also zehn Themen. Drei Runden à zweimal 45 Minuten. AutorInnen können sich ergo an sechs Tischrunden beteiligen und pro Runde zwei aus zehn Themen wählen. Ein(e) Jede(r) ist gut damit beraten, spätestens jetzt den Tag durchzubuchstabieren und die Erfolgsstory des Tages einzuleiten. Wie diese grandiose Themenvielfalt strukturieren? Wen als ProtagonistInnen aussuchen? Die ReferentInnen sind allesamt Profis auf ihrem Gebiet. Fragezeichen huschen über Gesichter. Hugs, Shakehands, obligatorische Begrüßungsworte von Buchmessedirektor Oliver Zille. Leander moderiert an, TeilnehmerInnen stimulieren ihre Synapsen mit Koffein, sichern sich ihre Plätze. Fertig … And Action.
Drei neue Trends: Self-Promotion, Transmedia Storytelling & progressive Verlage
Es geht selbstverständlich um Textarbeit. Um Bösewichte im Krimi, um Kitsch, Metaphern und Rhythmus, um Rechtschreibung und Kommasetzung. So klassisch, so gut.
Dann ist da aber noch etwas. Da liegt eine Prämisse in der Luft: Die Buchbranche ist im Umbruch. Neue Strukturen, neue Technik, neue Erzählweisen, neue Finanzierungsformen, neue Formate, neue Medien werden probiert. Mehr Demokratie, mehr Mitbestimmung wird gewagt! Zumindest angedacht. Ein kollektives Raunen scheint durch den Raum zu gehen: „Auch wir, die AutorInnen, denken um. Wollen mitbestimmen. Mehr Qualität. Kollaborativer arbeiten. Wir sind hier, um uns das nötige Wissen anzueignen und uns inspirieren zu lassen.“
Die geballte AutorInnenpower, sanft aber nachdrücklich, kommt an diesem Tag zum Ausdruck. Und das ist nicht alles: Mit welchem Ritter der Tafelrunden man auch redet, die AutorInnen wollen nicht nur mit bestimmen, sie wollen selbst bestimmen. Erstaunlich viele der Anwesenden tummeln sich entweder schon auf dem Selfpublisher-Markt oder informieren sich über die Möglichkeiten des Selfpublishing, weil sie mit den Methoden ihrer Verlage nicht mehr einverstanden sind. Ausführlich diskutiert Johnny Haeusler das Pro und Kontra des Selfpublishing aus AutorInnensicht im Spreeblickblog.
Verlage neu gedacht: Oetinger34
Dieses neue AutorInnenbedürfnis greift der Oetinger Verlag auf, der mit einem neuen Imprint aufwartet und in einer der Tischrunden sein taufrisches Projekt Oetinger34 vorstellt. Tea Herovic und Katrin Weller, die beiden verantwortlichen Verlagsfrauen, schwärmen von ihrer neuen Kreativplattform, auf der sich AutorInnen mit ihrem Kinder- oder Jugendbuch-Projekt bewerben können. Werden diese Teil von Oetinger34, suchen sie sich selbst auf der Plattform, im geschützten Weißraum, eine(n) Illustrator(in), eine(n) Lektor(in) und eine Lese-Community. Alle Teilnehmenden werden durch das professionelle Oetinger-Lektorat unterstützt und ausgebildet. Für die Plattform werden extra neue Tools entwickelt.
Transmedia Storytelling
Ein weiterer Trend wird gleich in zwei separaten Tischrunden diskutiert. Keyword: Transmedia Storytelling – das vielschichtige Erzählen einer Geschichte über mehrere Medien hinweg. Während Bestsellerautor Andreas Winkelmann die TischrundenteilnehmerInnen mit seiner eindrucksvollen und einzigartigen E-Book-Serie Deathbook das Gruseln lehrt, erklärt einer der kreativsten Köpfe und Experten auf dem Gebiet, Patrick Möller, kompetent und unterhaltsam die Grundlagen transmedialen Erzählens. Beispielhaft erläutert er das Ganze anhand einer der beeindruckendsten Fernseh-Serien: Game of Thrones. Die Serie geht über das Medium Fernsehen hinaus und setzt sich in die Realität fort. Eine zugegebenermaßen extreme und aufwändige Möglichkeit für AutorInnen, ihr Projekt über das Schreiben hinaus kreativ zu begleiten und mehr Einfluss zu nehmen.
Selbst vermarkten
Letzter Trend: Autoren vermarkten sich selbst. Immer mehr Schreibende müssen sich als Self-Publisher selbst promoten oder ergreifen Eigeninitiative, weil ihre Verlage nicht genug für sie tun. Crowdfunding, SEO für AutorInnen, Social Media, die Organisation einer Literaturveranstaltung oder erfolgreiche Buch-PR für AutorInnen sind nur einige der Themen, die in den Autorenrunden dazu angeboten werden.
Die konzentrierte und doch relaxte Atmosphäre macht Spaß! Die Teilnahme an einer wünschenswerten Autorenrunde 2015 sei jeder Autorin und jedem Autoren empfohlen. Achtung, ihr Verlage! Die AutorInnen, man kann es nicht oft genug betonen, sie sind los!
Einen weiteren schönen Blogbeitrag zur #lar14 schrieb die Autorin Jana Oltersdorff.
2 Kommentare
Schreibe einen Kommentar →