Ende März atmen wir erst mal durch nach all den tollen Veranstaltungen – zum Internationalen Frauentag, Equal Pay Day, der Leipziger Buchmesse, dem Indiebookday und, und, und. Es gab viel zu feiern, zu debattieren und natürlich auch zu lesen. Unsere Auswahl beinhaltet diesmal eher ernüchternde Themen wie Sexismus in der Buchbranche oder den Pushback gegen geschlechtergerechte Sprache. Für die nötige Prise Inspiration empfehlen wir das neu gestartete Social-Network-Projekt #femalefriday der Literaturexpertin Karla Paul – jeden Freitag stellt sie auf ihren sozialen Kanälen tolle Frauen und spannende feministische Projekte vor, die mehr Sichtbarkeit brauchen. Jeder und jede ist herzlich willkommen, den Hashtag zu nutzen und die Aktion weiterzutragen. Viel Spaß beim Entdecken und Lesen!
Auf der Leipziger Buchmesse wurde dieses Jahr über vieles diskutiert – auch über Sexismus in der Buchbranche. Die deutsche Presse-Agentur sprach u. a. mit der 1. Vorsitzenden der BücherFrauen Jana Stahl und der Bestseller-Autorin und Urheberrechtsaktivistin Nina George über verzerrte Machtstrukturen und fehlende Repräsentation. Zu diesem Thema empfehlen wir auch dieses Gespräch mit der Autorin Zoë Beck auf detektor.fm.
Unter dem Hashtag #verlagegegenrechts haben sich Verlage, Einzelpersonen und Initiativen versammelt, die sich gegen rechte Ideologien in der Buchbranche einsetzen. Auf der Leipziger Buchmesse veranstaltete das Aktionsbündnis 13 Podiumsdiskussionen zu verschiedenen Themen unter der Überschrift „Die Gedanken sind bunt“. Mitorganisatorin und Autorin Zoë Beck zieht auf ihrem Blog ein Resümee und erklärt, warum die Aktion für sie ein voller Erfolg war: „Oft waren unsere Veranstaltungen viel zu überfüllt, als dass Störwillige überhaupt ihren Weg durch die Menge fanden, und meine Vermutung ist vor allem, dass ihnen Anknüpfungspunkte fehlten. Gesprochen wurde nämlich gar nicht über sie, jedenfalls nicht so, wie sie es wohl erwartet hatten. Stattdessen wurden Themen diskutiert. Nicht unbedingt im Streitmodus, denn darum ging es gar nicht, sondern vertiefend, differenzierend, informierend … Niemand hetzte oder beleidigte. Warum auch? Es geht nämlich auch ohne.“
Zum Internationalen Frauentag schreibt Aktivistin Anne Wizorek ihre Gedanken über die #metoo-Bewegung und den Feminismus auf. Dabei empfiehlt sie vor allem zwei Dinge: wütend bleiben und Solidarität praktizieren. „Lasst euch nicht einreden, ihr wärt allein. Wenn ihr es nicht schon getan habt: Sucht euch Gleichgesinnte und bildet gemeinsam Banden! Es reicht außerdem nicht, nur ein gemeinsames Feindbild zu haben. Es braucht auch eine positive, eigene Zukunftsvision. Feminist_innen haben diese schon lange: eine Gesellschaft, in der alle Menschen ein gutes Leben in Würde führen können. In der alle Menschen Respekt erfahren und die Chance haben, sich zu entfalten – unabhängig vom Geschlecht, der Sexualität, der Herkunft, der Ausbildung, einer Arbeit, des Körpers – und eine Gesellschaft, in der wir problemlos entsprechend unserer Bedürfnisse für einander sorgen können und für uns gesorgt wird.“
Für viel Diskussion sorgte im März das BGH-Urteil bezüglich der Klage der Sparkassen-Kundin Marlies Krämer, die im Geschäftsverkehr mit ihrer Bank als „Kontoinhaberin“ angeredet werden wollte – sie scheiterte in dritter Instanz, mit der Begründung, dass es keinen allgemeinen Anspruch auf weibliche Formen gebe (hier die offizielle Begründung des Urteils). Auch der interne Vorschlag von Kristin Rose-Möhring, der Gleichstellungsbeauftragten im Bundesfamilienministerium, den Text der Nationalhymne anzupassen („Heimatland“ statt „Vaterland“, „couragiert“ statt „brüderlich“), schlug hohe Wellen. Antje Schrupp setzt sich in ihrem Beitrag damit auseinander, warum die Forderung nach geschlechtergerechter Sprache auf so viel Empörung stößt, wo es doch eigentlich im Sinne von Unternehmen sein müsste, ihre Kundinnen korrekt anzusprechen und so an sich zu binden. „Das Problem am generischen Maskulinum ist nämlich in der Tat nicht, dass es Frauen nicht sichtbar machen und nicht benennen würde. Denn tatsächlich ist es nach diesem herkömmlichen Sprachverständnis ja möglich, Frauen sichtbar zu machen und zu benennen: Man muss an die Wörter nur ein ‚-in‘ dranhängen. Was hingegen bei Verwendung eines generischen Maskulinums NICHT möglich ist, das ist die Sichtbarmachung von Männern als spezifische Gruppe. Weil Bezeichnungen für Männer einfach identisch sind mit Bezeichnungen für Menschen.“
Leseanalytik – also die Möglichkeit, Leseverhalten auszuwerten – gehört zu den spannendsten Themen der Buchbranche. Lena Kosakowski schreibt auf Digitur über die neue Zusammenarbeit zwischen der Lesecommunity Lovelybooks und dem Reader-Analytics-Unternehmen Jellybooks und die Möglichkeiten der Technik: „Die Leseranalytik kann nicht nur Leseprofile erstellen, sondern auch Aufschluss darüber geben, ob das Buch in der Zielgruppe ankommt oder ob diese geändert werden muss. Gerade für Marketingmaßnahmen ist die Eingrenzung der Zielgruppe wichtig. Außerdem können die Testleser angeben, wie gut ihnen das Cover und der Klappentext gefallen haben und bilden damit einen wichtigen Indikator, ob potenzielle Käufer dadurch zum Erwerb des Buches bewegt werden könnten.“
Jeden Monat erscheinen im Netz so viele anregende und aufregende Texte, dass wir mit dem Lesen oft gar nicht mehr hinterherkommen. #lesbar sammelt diese Perlen und präsentiert sie jeden letzten Donnerstag im Monat auf dem BücherFrauen-Blog – handverlesene Lese- und Teilempfehlungen zu Themen, die BücherFrauen und andere buchbewegte Menschen interessieren.
Was findet Ihr #lesbar? Schickt uns Eure Artikelempfehlungen für den nächsten Monat!