Licht und Schatten
Wenn sich der Äther erhebt in hoher heiliger Klarheit,
wenn sich ein fließendes Gold über die Erde ergießt,
und vor dem strahlenden Gott die Schatten leise zerrinnen,
freu’t sich der blendende Glanz und das allmächtige Licht.
Aber bezaubernder, Freund, erscheint dir die liebliche Gegend –
denn dich freut der Contrast und der gemäßigte Glanz –
wenn die Wolke sich hebt und wechselnd auf Thäler und Dörfchen,
Tannenwälder und Seen dunkle Schattirungen streut,
oder der silberne Mond am Berge freundlich hervorsteigt,
und der Schatten des Berg’s tief in die Thäler sich senkt.
O, wie die Höhen sich dann in heiligem Schimmer verklären;
wie das freundliche Licht heller den Schatten besäumt! –
Und doch klagtest du jüngst, dein trauriges Schicksal beweinend,
wie des Lebens Gefild‘ oft, ach! so dunkel dir sey;
wie auf der Stellen geliebtester dämmernd ein Schatten sich lagre,
oft, nach dem lieblichsten Tag, schwarz dich umgebe die Nacht.
Wechsel vergnügt dein Gemüth; es freuet der Wechsel uns alle:
freue dich, Glücklicher, doch, daß du nicht glücklicher bist.
Sophie Mereau (1770-1806)
Welttag der Poesie
Die UNESCO legte ihn seit dem Jahr 2000 auf den 21. März. Er soll an den Stellenwert der Poesie erinnern, an die Vielfalt des Kulturguts Sprache und an die Bedeutung mündlicher Tradition. An all das erinnern wir uns gern und nicht nur am 21. März – darüber hinaus erinnern wir an die Rolle kulturschaffender Frauen und die Gedichte von Dichterinnen.
Sophie Mereau (* 27. März 1770 in Altenburg; † 31. Oktober 1806 in Heidelberg; gebürtige Schubart, wiederverheiratete Brentano) schrieb unzählige Gedichte, hatte ein ausgeprägtes Liebesleben und großen ökonomischem Instinkt. So heiratete sie 1793 trotz ihrer ausdrücklichen Vorbehalte gegen die Ehe aus wirtschaftlichen Gründen. 1801 war sie angeblich die erste Frau im Herzogtum Sachsen-Weimar, die sich scheiden ließ.
In den darauffolgenden Jahren war sie beruflich erfolgreich und konnte von ihrer literarischen Tätigkeit (Übersetzerin, Herausgeberin, Romane, Gedichte, Kurzgeschichten) zusammen mit ihrer Tochter aus erster Ehe leben. 1803 heiratete sie nach diversen Affären ihren Amour Fou, Clemens Brentano. 1806 starb sie an den Folgen einer Fehlgeburt.
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