In dieser Rubrik soll die ganze Bandbreite an Jobs in unserem Netzwerk näher beleuchtet werden, indem uns eine BücherFrau mehr von ihren alltäglichen Aufgaben erzählt. Für diesen Beitrag war Rabea Güttler der Schatten von Martina Nommel, Jugendbuchagentin für Spanien.
Erzähl uns ein wenig von dir: Wer ist Martina Nommel?
Eine neugierige Abenteuerin, die gerne unterwegs ist und andere Menschen – Kinder wie Erwachsene – mit ihrer Begeisterung für Geschichten mit Bildern oder auch ohne ansteckt.
Wie bist du zu deinem Beruf gekommen? Und ist das der typische Berufsweg?
Ich weiß nicht, ob es der typische Weg ist, aber nach der Ausbildung an der Europäischen Schule in München mit Schwerpunkt Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch) und Wirtschaft habe ich zunächst bei Ravensburger gearbeitet, erst im Spieleverlag, später dann als Produktentwicklerin und Lektorin im Buchverlag.
Nach fünf Jahren bin ich dann über ein Stipendium der Bertelsmann-Stiftung nach Madrid gekommen. Nach drei Monaten Praktikum im Kinderbuchverlag SM Ediciones wollte ich nicht gleich wieder zurück nach Deutschland, sondern die spanische Verlagsszene noch besser kennenlernen. Daraus wurden dann sechs Jahre. Anfangs arbeitete ich frei für diverse Verlage, schrieb Gutachten und übersetzte, doch ziemlich bald fing ich an, meine Agentur aufzubauen.
Was bietet deine Agentur für Dienstleistungen an?
Die wichtigsten sind: die jeweiligen Buchprogramme vorstellen, Material verschicken, Präsenz auf den internationalen Buchmessen, Verträge in Absprache mit den jeweiligen deutschen Verlagen verhandeln und aufsetzen, Zahlungen überwachen …
Wieso hast du dich für den Weg der Agentin entschieden?
Ich habe schon als Kind und Jugendliche viel gelesen und wollte nach dem Abitur unbedingt „was mit Büchern machen“. Selbstständig in der Verlagsbranche zu arbeiten – und dann auch noch in einer so kulturell aufregenden Stadt wie Madrid – war somit ein großer Traum, den ich mir mit der Agentur erfüllte.
Wieso hast du dich auf Jugendbücher – und auf Spanien – spezialisiert?
AgentInnen gibt es viele, also habe ich nach einer Nische gesucht. Vermittlung von deutschsprachiger Kinder- und Jugendliteratur nach Spanien und Lateinamerika war damals so eine. Als ich meine Agentur vor fast 20 Jahren aufgebaut habe, war die Resonanz bei den deutschen Verlagen groß, denn kaum jemand sprach in den Lizenzabteilungen spanisch und ich war bereits vor Ort (Madrid/Barcelona) gut vernetzt.
Und die spanischen VerlegerInnen waren froh über eine direkte Vermittlung von anspruchsvoller und qualitativer Literatur aus den Ländern, aus denen sie bereits Werke von u. a. Peter Härtling, Erich Kästner, Christine Nöstlinger und Gudrun Pausewang kannten und bewunderten.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus? Hast du überhaupt einen typischen Alltag?
Nein, den habe ich eigentlich nicht. Es ist eine Mischung zwischen alltäglichem E-Mail-Wahnsinn, Vertragsverhandlungen und dem Erstellen von Verträgen, diversen administrativen Geschichten und natürlich: Lesen, Lesen, Lesen.
Ich pendele ja ständig zwischen Hamburg und Spanien. Wenn ich gerade in meinem Barcelona-Office bin, dann treffe ich mich oft mit spanischen Verlagsleuten: im Frühjahr und im Herbst zum Anbieten der jeweils neuen Programme, zu Vertragsverhandlungen oder einfach nur zum gegenseitigen Austausch mit anderen AgentInnen.
Wie gestaltet sich die Arbeit mit internationalen BücherMenschen? Mit wem arbeitest du dort und auch hier in Deutschland zusammen?
Ich arbeite mit einigen deutschsprachigen Kinder- und JugendbuchautorInnen und -illustratorInnen zusammen, die meisten vertrete ich auf exklusiver Basis in Spanien, Portugal und Lateinamerika, wo ich zu circa 120 Verlagen zum Teil sehr regen und langjährigen Kontakt habe. Wir treffen uns entweder auf den Messen in Bologna und Frankfurt oder vor Ort in Spanien, und ungefähr alle zwei Jahre bin ich für zwei bis vier Wochen auf dem anderen Kontinent, etwa in Argentinien, Brasilien oder Mexiko.
Könnte man deinen Job auch von Deutschland aus tätigen?
Um die Kontakte zu den spanischen Verlagen aufzubauen und mit der Zeit zu intensivieren, war es sehr sinnvoll, eine Weile in Spanien zu wohnen. Aber ich arbeite ja auch immer wieder und ab diesem Jahr hauptsächlich von Hamburg aus. Über E-Mails kann man gut und eng zusammenarbeiten, aber man sollte sich ein bis zwei Mal im Jahr persönlich treffen.
Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß? Und was machst du nur ungern?
Administrativer Kram wie Abrechnungen und Mahnungen an die spanischen Verlage rausschicken macht mir nicht so großen Spaß, muss aber natürlich sein.
Am schönsten finde ich es, ein Buch anzubieten, in das ich mich besonders verliebt habe: Mit meiner Begeisterung die ausländischen Verlage zu überzeugen und dann, wenn es zu einem Vertrag gekommen ist, die Gewissheit zu haben, dass nun auch ein portugiesisches, spanisches oder kolumbianisches Kind dieses Buch in seiner Sprache lesen kann, das finde ich immer wieder toll.
Welche Eigenschaften sollte man für den Job unbedingt mitbringen?
Offenheit, Flexibilität, Kreativität.
Was hat dich an deinem Job am meisten überrascht?
Wie viel Abwechslung, Kontakte und Möglichkeiten er bietet.
An welchem Projekt arbeitest du aktuell (von dem du sprechen darfst)?
Unter anderem habe ich eine spannende Auktion in Spanien für Peter Wohllebens neues Buch „Hörst Du, wie die Bäume sprechen?“ (Oetinger Verlag) laufen.
In wessen Leben (lebende, verstorbene oder erfundene Person) würdest du gerne einmal Schatten spielen?
Im Leben der österreichischen Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner (*1970), die alle 14 Achttausender bestiegen hat. Leider fehlen mir sowohl der Mut als auch die Kondition dafür, deshalb halte ich mich lieber an sehr viel kleinere Berge.
Weitere Informationen über Martina Nommel
- Ihre Agentur gründete sie bereits 1999.
- Neben kleinen und großen deutschsprachigen Verlagen (vollständige Liste unter www.martinanommel.de) vertritt sie auch zwei der bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen exklusiv in Spanien und Lateinamerika: Kirsten Boie und Cornelia Funke.
- Wenn sie nicht in der Buchbranche arbeiten würde, wäre sie wahrscheinlich Botanikerin oder Bergsteigerin.
12. Januar 2018 um 09:52
Tolles Interview und ein toller Beruf! Es gibt so wunderschöne Bilder- und Jugendbücher, die auch Erwachsene immer wieder begeistern. Eine gute Anregung, wir wollen auch mehr Kinderbücher in unseren Buchblag einbauen. Liebe Grüße von den Vorlesern!