Vorhang auf und Bühne frei für engagierte Frauen. Ehrenamt und Engagement bekommen in dieser Blog-Interviewreihe ein Gesicht. Die Fragen stellt Nadja Mortensen, Regionalsprecherin der Hamburger BücherFrauen. Heute: Yvonne de Andrés – Beirätin der BücherFrauen & Pressefrau der Regionalgruppe Berlin.
Wer bist du und wie bist du zu deiner Aufgabe bei den BücherFrauen gekommen?
Viele Jahre war ich in der Buchbranche tätig. Anfänglich als Buchhändlerin und später in verschiedenen Verlagen als Marketing- und Vertriebsleitung. Auch heute bin ich der Branche weiterhin verbunden und verfolge intensiv Entwicklungen und Diskussionen. Im Berufsleben habe ich erfahren, wie wichtig Netzwerke, Austausch und der Blick über den Tellerrand sind.
Meine „Karriere“ bei den BücherFrauen habe ich als Städtesprecherin begonnen. Zusammen mit meiner Kollegin Swantje Steinbrink haben wir in unseren vier Jahren einige Innovationen für die Städtegruppe Berlin umsetzen können. So zum Beispiel ein gedrucktes Jahresprogramm, den BücherFrauen-Salon oder das „Sommerplaisir“. Als der Anteil der selbständigen Frauen in unserer Regionalgruppe zunahm, haben wir die Arbeiten unserer freien Kolleginnen in Lektorat, Herstellung, Presse etc. im Rahmen des Literaturfestes auf dem Kollwitzplatz in Berlin-Prenzlauer Berg sichtbar gemacht. Dieses Sichtbarmachen im Rahmen einer ideenreichen Präsentation kam bei den BücherFrauen unserer Städtegruppe sehr gut an.
Es hat richtig Spaß gemacht, zu sehen, wie frau selber dabei wächst. Wichtig war auch, dass wir eine aktive Orgagruppe hatten, die mit Swantje und mir gemeinsam das Leben der Regionalgruppe mitentwickelt hat. Es ging uns darum, aktiv und basisdemokratisch, aber auch als eine Art „Training-on-the-job“ Dinge auszuprobieren und sich so gemeinsam zu befähigen. Mit dem eigenen Wachsen sind auch unsere Projekte gewachsen. Ein Beispiel war die Ausstellung „WoMan Bücher macht ‒ BücherFrauen 15+“, die wir zum 15. Jubiläum der BücherFrauen in Berlin und auf der Jahrestagung ausgestellt haben. Danach haben wir es geschafft, mit der Unterstützung der Buchmessen Frankfurt und Leipzig diese kostenfrei an prominenter Stelle auszustellen.
Was macht dir dabei am meisten Spaß?
Mich interessiert es, Entwicklungen voranzubringen. Unter dieser Prämisse habe ich mich in überregionale Arbeitsgruppen und in Ämter in der Städtegruppe eingebracht. Außerdem macht es mir Spaß, spannende Frauen zusammenzubringen.
Warum bist du bei den BücherFrauen aktiv?
Ursprünglich war es die „Buch-Branchenpolitik“. Heute sind es eher die übergeordneten Themen, die mich stärker interessieren. Spannend war für mich das Treffen und das Interview mit Jacks Thomas, Direktorin der London Book Fair, in dem sie über die neuen Chancen für Frauen in der Buchbranche berichtet.
Intensiv beschäftigt mich außerdem das Thema „Lesekultur“, sowohl unter sozialpolitischen und kulturellen, als auch technischen Aspekten. Dies ist auch das Thema der BücherFrauen-Jahrestagung im November 2016 in Berlin, zu der ich euch sehr herzlich im Namen unserer Regionalgruppe nach Berlin einlade.
Was hast du im Ehrenamt gelernt?
Ich konnte vieles ausprobieren, was das Selbstbewusstsein gestärkt hat. So zum Beispiel ein Mikrofon in die Hand zu nehmen und auf die Bühne zu gehen und vieles mehr.
Des Weiteren habe ich gelernt, dass Strukturen zwar schwer zu verändern sind, dass es jedoch mein Ansatz ist, über kulturelle Veränderungen den Rahmen neu zu setzen. Hierzu sind konkrete Projekte hilfreich, die das eigene Anliegen verdeutlichen.
Ehrenamtliches Engagement ist ein Grundpfeiler unseres Vereins. Hier habe ich lernen müssen, dass sich Freiwillige meist nur kurze Zeit engagieren und dieses soziale Feld durch starke Fluktuation gekennzeichnet ist. Dabei ist es ganz wichtig, genau zu definieren, wie umfangreich das eingebrachte Engagement sein soll und wie die Motivation und der Spaß aussehen.
Was tust du, wenn du nicht für die BücherFrauen aktiv bist?
Im Berufsleben arbeite ich als Senior Consultant in einer Kommunalberatung im Bereich Kultur- und Tourismusprojekte. Das ist eine spannende Tätigkeit, bei der viele meiner Managementfähigkeiten abgefordert werden. Marketingwissen sowie meine geisteswissenschaftlichen Kenntnisse, aber auch Erfahrungen in Organisation, Moderation, Zeitmanagement oder Budgetierung sind gefragt.
Neben meinen beruflichen Aktivitäten befasse ich mich intensiv mit Kultur- und Frauenthemen. Ich netzwerke gerne und liebe Kaffeetrinken, bei denen es sich angeregt austauschen lässt. Drei meiner Engagements möchte ich besonders hervorheben:
Seit über zehn Jahren schreibe ich für die AVIVA-Berlin-Redaktion und schätze den Austausch speziell mit Sharon Adler und anderen Kolleginnen sehr.
Seit Anfang 2016 begutachte und empfehle ich als eine der Beirätinnen für Dezentrale Kultur im Rathaus Tempelhof-Schöneberg kulturelle Projekte, die im Bezirk gefördert und dann vor- und ausgestellt werden.
Im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlin‒Istanbul konnte ich für das Bildungswerk der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, intensiv am Frauenprogramm mitwirken oder Gastgeberin für das Format „Soiree Nanas“ sein.
An welchem Projekt arbeitest du aktuell?
Ein Projekt kann ich es noch nicht nennen. Im Mai 2016 wurde der neue Beirat der BücherFrauen eingesetzt, in den ich als interne Beirätin gewählt wurde.
Seit Langem denke ich über die unterschiedlichen Entwicklungen der Regionalgruppen nach und was diese für das Vereinsleben bedeuten. Vor einigen Jahren entstand aus diesen Überlegungen heraus im Rahmen der AG Beirat die Anregung, ein Jahresthema im Verein festzulegen, um so zum einen als Verein sichtbarer nach außen zu werden, zum anderen aber auch eine Art „roten Faden“ zu haben, der die Städtegruppen miteinander verbindet. Zu diesen Fragen – Kohäsion nach innen, Präsentation nach außen – mit anderen BücherFrauen neue Ideen und Unterstützung konzeptionell zu entwickeln, würde mich sehr reizen.
Wobei kannst du Unterstützung aus dem Netzwerk gebrauchen?
Ich wünsche mir Unterstützung für die Überarbeitung der MehrWert-Studie von euch. Aus meiner Sicht ist dies ein eminent wichtiges Instrument der BücherFrauen, das uns auch branchenpolitisch Gewicht verleiht. Inzwischen sind einige Jahre seit der Publikation vergangen und es ist an der Zeit, die Daten zu aktualisieren, um die Entwicklung der letzten Jahre abzubilden und den rasanten Wandel der Branche zu dokumentieren.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist mir die Unterstützung der Initiative #fairpay. Dies kann als Einzelpersonen aber auch als Verein erfolgen.
Was ist dein Lebensmotto?
„Glaube nicht, es muss so sein, weil es so ist und immer so war. Unmöglichkeiten sind Ausflüchte steriler Gehirne. Schaffe Möglichkeiten.“ Hedwig Dohm