Im zweiten Teil zum Auftakt der Feministischen Buchwoche präsentieren weitere Mitglieder des Orga-Teams ihre Buchtipps, wie bereits angekündigt, diesmal von Dr. Gerit Sonntag und Tarja Sohmer. Viel Spaß beim Anregungen erhalten, neue Ideen finden und natürlich beim Lesen!
Buchtipp von Dr. Gerit Sonntag:
Wissenschaftsmanagerin, Gründerin des Magas Verlags, BücherFrau aus Bonn und Mitglied der AG Feministische Buchwoche.
Mütter Europas – Die letzten 43.000 Jahre, Karin Bojs (Original 2022)
Mein Fund auf der Leipziger Buchmesse war noch am Schwedenstand als unverkäufliches Exemplar zu bewundern, während der Verlag nach einer Lesung bereits alle Exemplare verkauft hatte.
Ein spannendes Sachbuch zur Besiedelung durch den Menschen Europas. Die schwedische Wissenschaftsredakteurin Karin Bojs hat die neusten archäologischen, genetischen und sprachgeschichtlichen Erkenntnisse zusammengetragen. Sie erklärt uns einige zentrale Begriffe, wie den sexuellen Dimorphismus, der bei Schimpansen und Bonobos unterschiedlich ausgeprägt ist, und was das für die Menschheit bedeutet. Auch die Großmütter-Hypothese wird kurz erläutert. Diese besagt, dass Kinder (bzw. der Clan) bessere Überlebenschancen haben, wenn sich die Großmütter mütterlicherseits mit um sie kümmern. Sie ist durch Studien belegt worden. Außerdem wird deutlich, dass Geschichtsforschung bessere Ergebnisse erbringt, wenn mehrere Disziplinen zusammenarbeiten. Bojs erläutert sehr anschaulich, wie Wissenschaft bestimmten Moden unterliegt (z. B. als sie nur von Männern betrieben wurde oder als sie von den Nazis als Beleg für die arische Rasse missbraucht und danach lange Zeit unangetastet blieb) und erklärt, warum wir schon lange nicht mehr in Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit unterteilen. Diese Dreiteilung basiert vornehmlich auf der Art der Kriegsführung und lässt andere Fertigkeiten völlig außer Acht (wie Keramikherstellung, Milchverarbeitung, Art der Landwirtschaft). Es werden viele Wissenschaftlerinnen genannt, die mit völlig neuen Methoden (wie z. B. das Nachkochen der Gerichte mit den damaligen Öfen) bahnbrechende Erfolge erzielen konnten. Dabei fällt negativ auf, dass der Übersetzer bei Verweisen ohne Namen von „Wissenschaftlern“ spricht, obwohl in erster Linie von Wissenschaftlerinnen berichtet wird.
Die spannendste und zentrale Erkenntnis im Buch ist aber, dass die Kurgan-Hypothese von Marija Gimbutas im Kern belegt ist. Die litauische Archäologin wurde zu Lebzeiten von ihren ausschließlich männlichen Kollegen belächelt. Einer von ihnen hat inzwischen Abbitte geleistet und sich posthum bei ihr entschuldigt. Gimbutas war der Meinung, dass die frühe Landwirtschaftskultur in „Alteuropa“ von Gleichheit und Friedfertigkeit geprägt gewesen sei, in der es keine Rangunterschiede gab, bis eine Hirtenkultur aus dem Osten Europa überfiel und eine patriarchale und hierarchische Kultur gewaltsam einführte. Dieser Teil ihrer Hypothese ist nun wissenschaftlich belegt. Dass die friedliche und gleichrangige Kultur die Frau als Lebensursprung verehrt hat – wie unzählige Frauenfiguren nahelegen – und somit eine matrifokale Gesellschaft war, diesem Teil der Hypothese mag man sich auch heute noch nicht so ganz anschließen. Dabei ist doch die Aussage, dass die Menschheit die längste Zeit ihres Daseins friedlich miteinander gelebt hat (der auch Matriarchatsforscherinnen wie Dr. Heide Göttner-Abendroth, Stephanie Ursula Gogolin oder Gabriele Uhlmann zustimmen) von immenser Bedeutung in der aktuellen Zeit. Wie wunderbar wäre es, wenn wir es schaffen könnten zu dieser Art von Zusammenleben zurückzukehren!
Das Buch ist das dritte in der Reihe der Autorin, die 2015 „Meine europäische Familie – Die letzten 54.000 Jahre“ und 2016 zusammen mit dem DAN-Familienforscher Peter Sjölund „Die Schweden und ihre Väter – Die letzten 11.000 Jahre“ veröffentlichte. Karin Bojs hat die Ehrendoktorwürde der Universität Stockholm bekommen und ist vielfache Preisträgerin.
Buchtipp von Tarja Sohmer:
Autorin, Verlegerin und Schreibkursleiterin. Zudem gebürtige Finnin, schreibt sie jedoch mittlerweile auf Deutsch. Sie gehört zur Regionalgruppe Hannover, Bücherfrau ist sie seit Herbst 2023.

Foto: Hans-Peter Wiechers
„Letztens auf der Arbeit“. Geschichten von Frauen. DGB.
Das Buch hat eine Vorgeschichte. Unser Verlag, der Klassenbuch Verlag, veröffentlicht mit Vorliebe Geschichten, die mit dem Klassismus zu tun haben. Mich hat immer irritiert, dass das Happy End meist bedeutet, dass man der Arbeiterklasse entkommen kann. Man studiert oder entflieht sonst wie der Herkunftsklasse. Das ist die Aschenputtelgeschichte, Cinderella, oder vom Tellerwäscher zum Millionär.
Ich begab mich auf die Suche nach Happy Ends in der Arbeiterklasse. Also sprach ich mit dem DGB in Hannover. Am Internationalen Frauentag starteten wir einen Aufruf an Arbeiterinnen, die gern Geschichten schreiben möchten. Es gab eine Workshopreihe, und anschließend wollten alle diese Damen, die teilweise noch nie Prosa geschrieben, geschweige denn öffentlich gelesen hatten, bei einer Lesung auf die Bühne. Diese Lesung fand im Rahmen der Feministischen Buchwoche 2023 in Hannover statt.
Jetzt sind diese Geschichten als Buch erschienen. Die ersten erzählen über den Jetzt-Zustand, mit Themen wie Schwangerschaft, Klassismus und Quotenfrau. Ganz spannend ist die Situation, wenn die Quote im eigenen Kopf spukt, wenn man nicht weiß, ob man die qualifizierteste Bewerberin war, oder ob man wegen der Quote die Stelle bekam. Weiter geht es mit Aufstiegsmöglichkeiten und mit dem gläsernen Deck, Zeitverträgen und prekärer Beschäftigung. Und natürlich sexueller Belästigung. Wir hatten mehrere Texte über dieses Thema, haben allerdings nur zwei für das Buch ausgewählt.
Nach diesen Zustandsbeschreibungen gibt es Geschichten darüber, wie Frau versucht, aus der unguten Situation auszubrechen. Am Anhang haben wir die gewerkschaftlichen frauenpolitischen Forderungen gedruckt.
Da der DGB nichts verkaufen darf, haben wir entschieden, dass das Buch gratis zu haben ist, sowohl im Internet zum Herunterladen als auch als physisches Buch zu bestellen, hier noch einmal der Link zum Verlag.
25. April 2024 um 11:32
Liebe Frau Sonntag!
Ich habe selbst über das Matriarchat in Mitteleuropa Vorträge gehalten.
Danach kamen Drohungen und ein Mordversuch (habe ich leider zu spät kapiert, da ich so arglos bin).
Danach kam Satanismus gegen mich und Mobbing. Sowie Verläumdungen am laufenden Band,
auch absichtlich falsche Arztdiagnosen. Auf offener Straße sagte man ,dass ich doch längst tot sein müsste.
Bin inzwischens sehr krank. Habe trotz allem Bücher geschrieben und einen Artikel auf secret-wiki.de.
Lasse mich nicht von der Wahrheit abbringen.
Gegenbeweise? Nicht mal diskutieren will man mit mir!
25. April 2024 um 14:49
Liebe Elanne, das tut mir leid. Vielleicht bringt diese Buch (und weitere) langsam einen Wandel. Das wäre jedenfalls zu hoffen. Herzlichst, Gerit
25. April 2024 um 14:50
„DAN-Familienforscher“ sollte DNA-Familienforscher heißen