Im Juni finden traditionell die Buchtage des Börsenvereins in Berlin statt und ich freue mich sehr, auch in diesem Jahr wieder mit dabei zu sein. Das Thema der AKEP-Tagung lautet: „Digital Touchpoints – wie der Content zum User kommt“.
Warum ich mich entschlossen habe, wiederzukommen? Ich finde es hilfreich, dass auch Referenten von außerhalb der Verlagsbranche mit dabei sind, die eine andere Sicht auf unsere Branche haben und erhoffe mir Denkanstöße durch die Vorträge: Vielleicht erhalte ich neue zündende Ideen für spannende Marketingkonzepte? Außerdem ist der Austausch mit KollegInnen, die den gleichen Herausforderungen wie ich gegenüberstehen, interessant. Wie werden digitale Strategien umgesetzt? Welche neuen Trends gibt es, und wie sind diese zu bewerten? Und selbstverständlich will ich auch ein bisschen für den rein digitalen eBook-Verlag klappern, für den ich seit Kurzem arbeite, das gehört schließlich zum Handwerk.
Schon auf der Zugfahrt treffe ich andere AKEP-TeilnehmerInnen, die aus Hamburg anreisen, und wir fahren gemeinsam zum Tagungsort am Alexanderplatz. Ich fühle mich wie auf einem digitalen Klassentreffen, das schon im ICE beginnt und freue mich, dass ich Begleitung auf meinem Ausflug nach Digitalien habe (mit von der Partie Ute Nöth und Nina Kreutzfeldt, Nicolai Eckerlein und Julia Reuter).
Kaum angekommen, schnell noch einen Kaffee besorgen und los geht’s. Nach einer kurzen Einführung von den AKEP-Sprechern Steffen Meier und Juergen Harth beginnt die AKEP-Tagung. Wibke Ladwig moderiert wie gewohnt charmant durch den Vormittag: Die Keynote von Gerrit Pohl von Microsoft zum Thema „Service Call – wie mobile Technologien neue Geschäftsmodelle für die Buchindustrie hervorbringen“, liefert die Erkenntnis, dass künftig alles „smart“ wird. Ein schönes Beispiel: Warum zukünftig nicht ungewöhnliche Wege gehen für eine Kooperation? Bei der Neukonzeptionierung eines „Smart Supermarktes“ liefert ein Verlag den Content (z. B. Kochbuchinhalte), der Technologieanbieter und der Supermarkt sind die Kooperationspartner.
Besonders eindrückliche Projekte
E-Books im Bus – Piper wird mobil
Time4books-Projekt: Piper kooperiert mit dem Fernbusunternehmen city2city. In den Bussen werden Flyer von Piper verteilt, per QR-Code können sich die Reisenden Leseproben verschiedener Titel herunterladen. Gut durchdachte Aktion, denn in den meisten Fernbussen gibt es (funktionierendes) W-LAN, dem Download der Leseproben oder Kauf eines eBooks über das Smartphone stünde demnach also nichts im Weg.
Snapload – was geht mit Geschenkkarten?
Das Prinzip ist klar: Snapload vertreibt Geschenkkarten, die einen Downloadcode für ein bestimmtes eBook (oder einen Audio Download) enthalten. Es ist beeindruckend, welche Vertriebspartner dafür bereits gewonnen werden konnten (z. B. Globus, Müller, Mayersche, Valora, es folgen Rewe, Penny, Kaufhof etc.). Eine tolle Möglichkeit für Verlage, eBooks auch an anderen Vertriebsorten zu präsentieren. Leider sind Snapcards nur für Spitzentitel bzw. ausgewählte Titel aus dem Verlagsprogramm geeignet, die bereits ein gewisses Potential mitbringen.
readfy – Freemium für Books
Hinter dieser Idee steht ein neues Geschäftsmodell, das es bisher in der Verlagsbranche nicht gibt: Ein Gratiszugang zu den bei readfy verfügbaren eBooks wird durch personalisierte Werbung finanziert. Aber natürlich sind auch bezahlte Accounts ohne Werbung vorgesehen. Das Projekt wird über Crowdfunding finanziert und geht im Juli 2014 an den Start. Spannend wird sein, welche Verlage von Anfang an mit dabei sein werden.
Zehn Subkonferenzen
In den zehn Subkonferenzen (u. a. zu den Themen: Apps, Innovation, Technologie und eCommerce) werden 20 verschiedene Vorträge gehalten. Es ist gar nicht so einfach, sich für eine der vielen Sessions zu entscheiden (und den meisten anderen TeilnehmerInnen, mit denen ich spreche, geht es ganz genauso). Fast jeder inhaltliche Schwerpunkt ist vertreten, aber nicht alles ist für mich interessant. Das Schöne ist, dass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer da abgeholt wird, wo sie oder er gerade in Digitalien angekommen ist (und wenn es der erste Stopp in der digitalen Welt ist, dann eben dort). Ein Beispiel: Der Verlag, für den ich arbeite, hat sich von Anfang an für DRM-freie eBooks entschieden. Die Diskussion hierüber erscheint mir bereits obsolet, auch wenn ich als (ehemalige) Lizenzfrau weiß, dass manchmal Autoren und/oder Agenturen das harte DRM der (alten) Autorenverträge gerne noch hätten und Verlagen hier die Hände gebunden sind. In manchen Sessions wird darüber noch diskutiert, hoffentlich können dabei noch ein paar mehr Verleger davon überzeugt werden, ihre Titel zukünftig ohne DRM anzubieten.
Ich entscheide mich für die Subkonferenz Digitales Marketing und mein liebstes Buzzword am frühen Nachmittag wird „Discoverability“, was soviel bedeutet wie „sichtbar machen im Web“ oder „Auffindbarkeit“ im Internet.
Wie sorgen wir dafür, dass vor allem unsere digitalen Titel besser in den Shops zu finden sind und nicht in der Titelflut untergehen? Wie gelingt es uns, unsere digitalen Titel generell für den Endkunden sichtbarer zu machen? Diese Themen beschäftigen viele Onliner in den Verlagen und deswegen ist die Session von Karl Kratz so gut besucht, dass der Veranstalter weitere Stühle bringen lässt. Der SEO-Experte, der sich (gefühlt schon immer!) mit Online Marketing beschäftigt, zeigt anhand einiger Beispiele, wie man durch kreativere und emotionale Produktbeschreibungen, aus dem einfachen weißen T-Shirt das weiße T-Shirt machen kann, das erstens im Web gefunden und zweitens auch gekauft wird (weil es nicht einläuft, reißfest ist, bei 60 Grad gewaschen werden kann und sich nicht verfärbt).
Den zweiten Teil des Nachmittags verbringe ich in der Subkonferenz Technologie. Hier erklärt Ralf Biesemeier von readbox, dass das klassische Key Account Management nicht mehr zeitgemäß sei und stattdessen Technologiekompetenz in Verlagen immer wichtiger würden. Derzeit seien die Verlage für ihre eBooks hauptsächlich auf B2B-Sales konzentriert und betrieben Handelsmarketing Richtung Onlineshops, doch auch Endkundenmarketing würde zunehmend wichtiger werden. Dem kann ich nur zustimmen, auch wenn sich das sehr schwierig gestaltet, da wir über die Shops kaum etwas über unsere Leser erfahren. Fragen, die wir uns zukünftig stellen müssen, sind u. a.: Wo kann ich meine Titel einordnen? Welches Erlebnis erwartet der Leser bei unseren Titeln? Will er sich entspannen, etwas lernen oder in ferne Welten abtauchen?
Inspirierender Input
Das nächste Event für mich und die anderen KollegInnen aus Digitalien steht bereits fest: Schon in wenigen Tagen, am 21. Juni 2014, findet in Berlin die erste Electric Book Fair statt. Ich bin gespannt auf meine erste Buchmesse ohne Messestände, die aus lauter spannenden Diskussionsrunden zu bestehen scheint. Ein Ticket habe ich mir bereits gesichert.
Einen herzlichen Dank an Nina George für die stimmungsvollen Fotos vom Mitgliederfest des Börsenvereins am Donnerstag, den 5. Juni, welches im Spindler & Klatt statt fand und meinen Blogbeitrag zieren dürfen.