Die Olympischen Winterspiele 2014 in Sochi sind eröffnet – und wer dabei war, kann nur hoffen, dass dieser fulminante Beginn auch der Anfang einer Öffnung der Region und des offiziellen Russlands zum friedliebenden toleranten Teil der Weltgemeinschaft wird. Die riesige Halle war voll von Russinnen und Russen – es fand ein selbstbewusstes Volksfest der Gastgeber, keine abgehobene Elite-Veranstaltung statt.
Vielen russischen Frauen bin ich auf der Reise nach Sochi schon begegnet:
- der Studentin, die mich als eine der Tausenden von freiwilligen Helferinnen sicher durch das Gewimmel des Moskauer Flughafens führte,
- den Frauen, die als lokale Ergänzung der Schiffsbesatzung des Hotelschiffs mit mir gemeinsam den Sicherheitscheck bei der Anreise durchliefen,
- der strengen Sicherheitsbeamtin am Bahnhof des Olympischen Dorfes, die mir mein Parfüm dann doch wieder gab,
- den begeisterten Russinnen, die mit Familie in Olympia-Kleidung die Straßen bunter machen,
- der Journalistin, die jeden Morgen an Bord des Hotelschiffs ihre Berichte schreibt,
- den atemberaubend eleganten Gattinnen, von wem auch immer,
- und ab und zu auch einer Gruppe von Sportlerinnen, die vorerst – außer beim umjubelten Einmarsch gestern Abend – nur von ferne im streng bewachten Olympischen Dorf und beim abgeschirmten Transport sichtbar sind.
Im Gedächtnis bleiben auch die „Schneeflocken“ der Eröffnungsveranstaltung, die den Einlauf der nationalen Sportler begleiteten und deren Choreographie nicht nur mich an die Körpersprache von Pussy Riot erinnerte. Junge Mädchen ahmten sie später beim Feuerwerk auf dem Olympia-Gelände mit Freude nach.
Sochis aus dem Boden gestampfte, noch nicht ganz rund laufende Verkehrsinfrastruktur, der asphaltierte gigantische Olympia-Park ganz nah an der Küste des Schwarzen Meers, die rigide Vermischung von Sport-Politik und -Kommerz – das muss einem nicht gefallen, erst recht nicht, wenn man diese Phänomene aus heimischen Regionen zur Genüge kennt. Aber eingebettet in eine streng bewachte funktionierende Olympia-Organisation, die die Ressourcen der Gastgeber und den guten Willen der Gäste erkennen lässt und zusammen bringt, besitzt der Olympische Gedanke auch in Sochi eine mitreißende Kraft.
Und jetzt zu den Wettkämpfen!
Birgit Dankert, Sochi
Birgit Dankert hat den BücherFrauen zwischen 2010 und 2012 als Beirätin und darüberhinaus wichtige Impulse gegeben. Aus sportlichem und kulturpolitischem Interesse will sie die Situation der umstrittenen Spiele vor Ort mit eigenen Augen sehen und bewerten und wählt dafür erstmals die Publikation in einem Blog. Auch für die BücherFrauen ist es eine Premiere: Birgit Dankerts Reiseeindrücke eröffnen mit einem international brisantem Blick über den Tellerrand als Preview den BücherFrauen-Blog, der dann ganz offiziell am Samstag, den 8. März (Int. Frauentag) seinen Betrieb aufnimmt.