In diesem Jahr ist Georgien Gastland auf der Frankfurter Buchmesse. Zeit, sich mit dem Land zwischen Orient und Okzident einmal genauer zu befassen und es in den Fokus zu rücken. Denn wer genau kann schon die geografische Lage von Georgien aus dem Stegreif benennen oder hat sich schon mal gefragt, ob man in diesem Land Urlaub machen kann?
Zugegeben – bevor eine Freundin von mir auf Facebook wunderschöne Fotos postete, auf denen sie und ihre Reisegefährtinnen atemberaubende, magische Orte aus Georgien festgehalten hatten, war mir dieses Fleckchen Erde auch eher unbekannt. Doch das sollte sich schnell ändern, denn 2017 besuchten wir das Land im Kaukasus.
Ausgestattet mit persönlichen Tipps meiner Bekannten und dem Reiseführer „Georgien“ aus dem Trescher Verlag (der wirklich gute Bücher für Nischenländer macht) flogen wir mit einem Zwischenstopp in Istanbul nach Tbilisi (Georgiens Hauptstadt, zu Deutsch: Tiflis). Wer es direkt mag, kann auch Flüge ohne Umsteigen ab Berlin oder München mit 3 ½ Stunden Flugzeit buchen.
In Tbilisi tauchten wir in eine sehr lebendige Stadt ein, in der viele Kulturen aufeinandertreffen. Ein Gefühl von Multikulturalität versprüht dieser Schmelztiegel, nicht nur wegen der Touristen aus allen Ecken der Welt.
Es gibt zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die es in Georgiens Hauptstadt zu besichtigen gilt – das Bäderviertel mit seinen orientalischen Badehäusern, welche an eine andere Epoche erinnern, prachtvolle, bunte Häuser mit Holzschnitzereien, die einen Kontrast zu den sowjetischen Hochhäusern bilden, oder der Park Mtatsminda, der über der Stadt thront und mit einer alten Zahnradbahn zu erreichen ist. Man kann sich durch die Gassen treiben lassen, den Berg hinaufklettern oder durch die Stadt schlendern, in der mir zahlreiche Antiquariate auffielen, mir aber zu meinem Bedauern keine einzige Buchhandlung über den Weg lief, in der ich meine Nase in die landestypischen Cover hätte stecken können.
Dafür riet mir mein Reiseführer, im Garten des Literaturhauses einzukehren. Dieses Kleinod abseits von jeglichem Trubel bietet im Schatten riesiger Bäume leckeren Kaffee und Kuchen, der in dieser großen Stadt entschleunigt.
Kleiner Exkurs zum Essen: Die kaukasische Küche ist ein Genuss. Frisches Gemüse und Obst, leckere Teigwaren wie die gefüllten, gedrehten Teigtaschen namens Khinkali/Chinkali sowie die an die türkische Küche erinnernden Nachspeisen fährt das Land auf, welches für seine
Gastfreundschaft bekannt ist. Vor allem Tschurtschchela/Churchkhela sollte man probiert haben. Den süße Snack, den Touristen oft mit Salamis, die an Fäden hängen, oder Kerzen verwechseln, gibt es bis in die entlegenste Straßenecke zu kaufen. Diese Süßigkeit besteht aus Nüssen (vorwiegend Walnüsse und Haselnüsse), die an einer Schnur aufgezogen und in einen mit Stärke versetzten Sirup aus Trauben- oder Granatapfelsaft getunkt wurden. Zum Trocknen werden diese dann in die Sonne gehängt, bis eine kleine Zuckerschicht heraustritt. Die Farbpalette der georgischen Spezialität reicht von rot und gelb über braun bis hin zu hellbraun.
Doch nicht nur für einen Städtetrip ist Georgien empfehlenswert. Das Land hat noch viel mehr zu bieten. Zwar ist Georgien im Grunde nur so groß wie Bayern und kann bis auf zwei Gebiete, deren politischer Status ungeklärt ist (Abchasien und Südossetien), problemlos bereist werden – ob in einer Reisegruppe (gerade Deutsche trifft man öfters), allein oder als Paar. Aber ob per Zug, Bus oder mit privatem Fahrer – es sollte auf jeden Fall viel, viel mehr Zeit eingeplant werden, da die Straßen teilweise nicht so gut ausgebaut sind, wie wir das von Deutschland her kennen.
Georgien hält wunderbare Orte für jegliche Arten von Aktivitäten bereit. Gerade für Wanderbegeisterte eine tolle Alternative zu den Alpen.
Landschaftlich hervorzuheben ist der Kazbegi, der ein atemberaubendes Panorama bietet und in einer Wandertour auch für Anfänger wie mich gut zu erreichen ist. Wenn der Kazbegi durch die Wolkendecke blitzt, bietet er auch vom Tal aus einen atemberaubenden Anblick. Noch entlegener liegt die Provinz Swanetien im nordwestlichen Teil des kaukasischen Hochgebirges. Mangels Zeit haben wir es selbst leider nicht dorthin geschafft. Andere Reisende waren aber sehr angetan von dieser Region.
Einen Kontrast zu den teilweise kargen Berglandschaften bietet das Weinanbaugebiet Kachetien. Die Region rund um Telawi ist bekannt für ihren vorzüglichen Wein und erinnert ein bisschen an Italien. Die Landschaft hier ist auch von Bergketten gesäumt, sodass auch hier der Wanderlust gefrönt werden kann.
Aber auch kulturell gibt es in Georgien viel zu entdecken. Zahlreiche Kirchen und Klöster säumen die Straßen und thronen über den Städten. Die christlich-orthodoxen Gotteshäuser beeindrucken durch ihre Bauweise und ihr Innenleben mit teilweise jahrhundertealte Fresken. Meist ist das Fotografieren der Heiligtümer im Inneren untersagt und Frauen der Eintritt nur mit Kopfbedeckung gestattet.
In diesem Land ist mir so vieles begegnet: die moderne Großstadt, in der das Leben pulsiert; der post-sowjetische Einfluss, der noch über so vielem schwebt; der Wunsch, in Europa anerkannt zu sein und ein Mitglied der EU zu werden; der Krieg, der zwar zehn Jahre her ist, aber doch so einige Narben hinterlassen hat.
Es gibt über Georgien noch so viel zu erzählen und zu schreiben – ein kurzer Blogartikel wird diesem spannenden Land gar nicht gerecht und ist natürlich auch sehr subjektiv. Wer die Möglichkeit hat, dem sei eine Reise in dieses abwechslungsreiche Land empfohlen!
In diesem Sinne wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre der georgischen Bücher zur Buchmesse und freue mich auf das Gastland 2018!
Alle Bilder: © Nadine Wedel
16. September 2018 um 14:47
Liebe Nadine, besten Dank für diesen Kurz-Einblick, der mir vom Schreibtisch aus einen Ausflug nach Georgien ermöglicht hat.