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Ein Beitrag zur Debattenkultur in der Buchbranche

#lesbar im August – Präraffaelitische Girls, Fanfiction und #DieKanon

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Während andere über ein Sommerloch klagen, finden wir in der Buchbranche immer genug Interessantes zu bereden und zu diskutieren. Im August wurden die Gewinner des zum vierten Mal vergebenen Deutschen Buchhandlungspreises bekannt gegeben – 118 Buchhandlungen in ganz Deutschland, die sich besonders um den Erhalt der literarischen und kulturellen Vielfalt bemühen. Wir gratulieren herzlich! Noch bis zum 31. August könnt ihr außerdem Buchblogs für den BuchBlog-Award nominieren (mehr Infos auch hier auf unserem Blog). Ebenso vielfältig wie die nominierten Blogs sind unsere Leseempfehlungen für diesen Monat. Sie beinhalten einen weiblichen Bildungskanon, den Aufruf für mehr Leseförderung an Grundschulen und einen tiefergehenden Einblick in die (weiblich geprägte) Welt der Fanfiction. Und erstmalig empfehlen wir euch einen Twitter-Account, der uns Tag für Tag mit seinen Posts überzeugt hat. Viel Spaß beim Lesen und Entdecken!

Beginnend mit der Schulzeit werden wir zeitlebens in allen möglichen Bereichen mit Listen konfrontiert, die besonders einflussreiche Personen versammeln, die „man kennen muss“. Die meisten davon sind in der Regel Männer. Wie viele wichtige, wirkmächtige Frauennamen auf solchen Listen fehlen, wird beim Blick auf diesen Beitrag deutlich. Die Schriftstellerin Sibylle Berg hat mit zahlreicher weiblicher Unterstützung in vier Kategorien Frauen versammelt, die man kennen muss – und deren Namen leider in kaum einem Kanon auftauchen. „Nach Hunderten von Jahren, nach Tausenden empfohlener Werke, Gedanken und Schriften können wir heute zu dem Schluss kommen: Die Welt wurde durch Ordnungssysteme, die vornehmlich männliche Geistesgrößen auflisten, nicht zu einem erfreulicheren Ort. Darum ist es Zeit für eine neue Liste. Neue Namen mit Ideen, die vielleicht etwas zu einem freundlicheren Miteinander in der Welt beitragen können. Und die für die andere Hälfte der Bevölkerung auch Relevanz haben.“ Weitere wichtige Ergänzungen findet man unter dem Hashtag #DieKanon auf Twitter.

Im August startete die Autorin Kirsten Boie eine Petition unter dem Titel „Jedes Kind muss lesen lernen! Hamburger Erklärung“. Sie fand viel Anklang in der Buchbranche und in der Öffentlichkeit. Im Deutschlandfunk erklärt die Autorin, was sie dazu bewogen hat, diese Initiative ins Leben zu rufen, und was Leseförderung so wichtig macht.

Immer wieder geistert das Stichwort Fanfiction durch Branchenveranstaltungen und Workshops, aber viele Buchmenschen können damit nichts anfangen. Dabei verschwimmen die Grenzen längst zwischen dem Tummeln in den fiktiven Welten anderer und dem Erschaffen von eigenen, wie man zum Beispiel an dem internationalen Erfolg von Anna Todd sieht – ihre Bestseller-Reihe „After“ hat als Fanfiction über ein Mitglied der Boyband One Direction angefangen. Die Bloggerin Larissa Brill zeichnet in ihrem Artikel die (nicht unproblematische) Entwicklung von Fanfiction nach und nimmt insbesondere die Vorurteile in den Fokus, mit denen die meist weiblichen Schreiberinnen zu kämpfen haben: „Fanfiction ist weiblich; nicht nur Autorinnen, sondern auch ein Großteil der Leserschaft. Laut FFN Research waren 78 Prozent der im Jahre 2010 angemeldeten User einer FF-Database weiblich. Wobei darauf hingewiesen wurde, dass nur eine sehr geringe Anzahl der Nutzer überhaupt ihr Geschlecht angaben. Es handelt sich also zum Großteil um weibliche Arbeit, die so in Verruf geraten ist. Ganz gleich ob die Werke hohen literarischen Anspruch besitzen oder nicht, gilt die Fanfiction-Kultur als ‚Kleine-Mädchen-Fantasie‘, in der zwei fiktive Figuren endlich zueinander finden.“

Etwas ungewohnt für diese Reihe empfehlen wir heute zum Schluss keinen einzelnen Artikel, sondern einen Twitter-Account, bei dem sich alle Beiträge sehr lohnen: @pgexplaining von Christiane Frohmann. Die experimentierfreudige Digitalverlegerin postet hier Gemälde von präraffaelitischen Malern aus dem 19. Jahrhundert und versieht die schönen, etwas kitschigen Frauenbilder mit kurzen treffenden Texten zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Auch das Buch dazu („Präraffaelitische Girls erklären das Internet“) ist sehr lesenswert. Vielen Dank an Valeska für diese Lese- und Follow-Empfehlung!


Jeden Monat erscheinen im Netz so viele anregende und aufregende Texte, dass wir mit dem Lesen oft gar nicht mehr hinterherkommen. #lesbar sammelt diese Perlen und präsentiert sie jeden letzten Donnerstag im Monat auf dem BücherFrauen-Blog – handverlesene Lese- und Teilempfehlungen zu Themen, die BücherFrauen und andere buchbewegte Menschen interessieren.

Was findet ihr #lesbar? Schickt uns eure Artikelempfehlungen für den nächsten Monat!

Autor: Martha Wilhelm

Martha Wilhelm studierte Germanistik und Slavistik in Hamburg, absolvierte ein Verlagsvolontariat in Berlin und kehrte danach wieder an die Alster zurück. Hier machte sie sich selbstständig und arbeitet nun als Lektorin, Korrektorin und Autorin in den Bereichen illustriertes Sachbuch und Jugendbuch. Mehr Informationen gibt es auf ihrer Website (www.textwinkel.de). Sie freut sich über Austausch auf Facebook und Twitter.

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