Auch wenn es bereits 1916 war, als sich zwei New Yorkerinnen ihren Traum erfüllten, und die Buchhandlung The Sunwise Turn in New York City eröffneten, so hat sich das, was das Bücherverkaufen ausmacht, bis heute im Wesentlichen nicht geändert.
Es sollte eine ganz neue Art von Buchhandlung werden, die der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Madge Jenison vorschwebte, eine „die alle Facetten des modernen Lebens, die durch die Türen eines solchen Ladens hinein- und hinausströmen, aufgreift und sie den Menschen zugänglich macht“. Aus ihrem Traum wurde noch am gleichen Tag ein konkreter Plan, den sie bereits zwei Monate später mit ihrer Freundin, der Kunstkritikerin und Gartenbauarchitektin Mary Mowbray-Clarke, umsetzen sollte.
Eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher
In ihrem Buch „Sunwise Turn. Eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher“, das jetzt in einer deutschsprachigen Neuauflage vorliegt, beschreibt Madge Jenison auf humorvolle Weise die Anfangszeit der Buchhandlung The Sunwise Turn. Zwei Frauen, die die Liebe zu Büchern verband, und die gleichzeitig wenig Ahnung von Geschäften besaßen, machten sich auf die Suche nach einem billigen Ladenlokal. Sie ließen sich weder von ihren Ängsten abhalten, die sie als realistische New Yorkerinnen durchaus hatten, noch von der Tatsache, dass die wirtschaftlichen Zeiten mitten im Ersten Weltkrieg nicht die besten für neue Geschäftsideeen waren. Für sie war nur klar: Sie mussten mindestens 60 Bücher am Tag verkaufen, um zu überleben.
Als sie ihren Laden fanden, war es Liebe auf den ersten Blick – auch wenn er „im Sommer eine Höhle und im Winter eine Gruft“ war. Von derartigen Kleinigkeiten ließen sie sich nicht beeindrucken und strichen die Mauern kurzerhand in einem flammenden Orange, der Farbe, die damals als die verkaufsförderndste galt: „Der Raum sollte ein Ort sein, an dem man gerne liest.“ Sunwise Turn wurde bald zu einem kulturellen Zentrum, das gut in die Nachbarschaft eingebunden war, und sollte für die beiden Inhaberinnen zum schönsten Ort der Welt werden.
Die Buchhandlung als magischer Ort
Sie nannten ihre Buchhandlung The Sunwise Turn – A modern Bookshop. Denn wie mit dem Sunwise Turn, dem Lauf der Sonne, wollten Madge Jenison und Mary Mowbray-Clarke auf modernere und kultiviertere Art Bücher verkaufen, anders, als es bis dahin üblich war. Bei einem Besuch in einer anderen Buchhandlung schien es Jenison unmöglich, „dort irgendwelche leidenschaftlichen Gefühle zu entwickeln, ja überhaupt Bücher besonders zu mögen“. Als sie daraufhin in ihren eigenen Laden zurückkehrte, fand sie dort lesende und sich unterhaltende Menschen vor. „Die ganze Atmosphäre hatte etwas sehr Lebendiges und Inspirierendes, das man weder kaufen noch verkaufen kann (…).“
Zudem wollten sie sie, falls möglich, „in den Strom des schöpferischen Lebens unserer Generation einfließen lassen.“ Die beiden Frauen wollten die Menschen in erster Linie zum Lesen bringen. Und ihre Kundschaft kam nicht nur aus New York, Bestellungen trafen aus zahlreichen Ländern ein. Ihr Wissen sprach sich schnell herum und gleichzeitig lernten die beiden Frauen auch von ihren Kundinnen und Kunden.
Auf höchst humorvolle Weise berichtet Jenison in der ursprünglich bereits 1923 erschienen Buchhandlungs-Biografie vom Alltagsgeschehen im Ladens, von Einkäufen und Verkäufen, von Kunden und Kundinnen, von Begegnungen im Laden und in den Verlagen. Sie erzählt von Erfolgen wie Misserfolgen, etwa dem billigen Ankauf von Büchern, die die Buchhändlerinnen zwar begeisterten, für die sie aber kein Publikum fanden. Die meistgehandelte Ware war das Gespräch, nicht nur über Bücher, sondern über alles, was nachgefragt wurde, sei es ein Zimmer oder andere praktischen Informationen. Die eigentliche Arbeit fand nach Ladenschluss statt. Dann wurden Werbebriefe geschrieben, Listen zusammengestellt, die Buchführung erledigt und was sonst noch an administrativer Arbeit anfiel.
Vom Alltag in der Buchhandlung
Aus allem, was Jenison schreibt, spricht ihre pure Begeisterung für dieses Projekt und für das sie tagtäglich neue Ideen entwickelten. Ihr anfänglicher Irrglaube, dass es reichen würde, wenn jede von ihnen nur die Hälfte der Zeit im Laden sein müsse und sie sich daneben noch anderen Dingen widmen könnten, verflog schnell. Sie brauchten beide ihre ganze Kraft und zusätzliche Arbeitskräfte, die z.B. beim Verpacken und Austragen der Bestellungen mithalfen. Einige boten an, Bestellungen in ihren Autos auszuliefern, während andere Bestellungen weltweit mit der Post verschickt wurden. Eine derjenigen, die für kurze Zeit unbezahlt für sie arbeiteten, war die junge Peggy Guggenheim. Detailliert beschreibt Jenison auch, wie sie Werbung für den Laden machten. So fertigten sie z.B. zu bestimmten Themen Titellisten an, die sie an entsprechende Institutionen verteilten, in der Hoffnung, dass diese die genannten Bücher kaufen würden. So wandten sie sich an Immobilienmakler, Banken, Stadtverwaltungen, Handelskammern und andere, die gerade mit einem speziellen Thema beschäftigt waren. Zudem erstellten sie ganze Bibliotheken, wie z.B. eine Bürgerbibliothek für Wählerinnen.
Die Stärke der beiden Frauen war ihre Vision, an die sie unverbrüchlich glaubten: „Wir waren davon überzeugt, dass alles von der Kraft der Gedanken abhängt. Buchhandlungen machen diese Gedanken zugänglich.“ Wie der Untertitel der deutschsprachigen Neuauflage deutlich macht, ist das Buch „eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher“. Vieles ist auch für heutige BuchhändlerInnen wiedererkennbar, wie etwa die Beschreibung des Weihnachtsgeschäftes, die Gespräche mit KundInnen, das Abwägen von Risiken,die Konkurrenz und die Wechselbäder bei den Umsätzen.
Damals wie heute waren es vor allem Frauen, die in der Buchbranche arbeiteten. Und wo sie heute in Deutschland bei den BücherFrauen organisiert sind, gründete sich in den USA bereits 1917 die „Women´s National Book Association“, deren Gründungsmitglieder Jenison und Mowbray-Clarke waren. Diese gewerkschaftsähnliche Organisation verband Frauen, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Büchern beschäftigten – von Autorinnen über Buchbinderinnen, Druckerinnen, Verlagsangestellte und Bibliothekarinnen bis hin zu Kritikerinnen.
Die Buchhandlung bestand bis 1927. In finanzieller Hinsicht war The Sunwise Turn keine Erfolgsstory: Waren Jenison und Mowbray-Clarke bereits vor der Eröffnung gewarnt worden, dass Bücher zu verkaufen ein hoffnungsloses Unterfangen sei, merkten sie wenig später selbst, dass sie sich, außer im ersten Monat, vom Gewinn kein Gehalt auszahlen konnten.
Es ist genau diese Ehrlichkeit, die nichts vom Alltag im Buchhandel beschönigt, und die beschriebene große Leidenschaft für das Bücherverkaufen, die dieses Buch zu einem großen Lesegenuss macht. Und das nicht nur für BuchhändlerInnen.
Ein Exemplar des Buches gewinnen
Im Rahmen der Aktion “Bloggerinnen schenken Lesefreude”, an der wir uns mit diesem BücherFrauen-Blog beteiligen, haben Sie die Möglichkeit, dieses Buch zu gewinnen. Bitte kommentieren Sie unter diesem Beitrag, warum Sie gerade “Sunwise Turn” gewinnen möchten. Mit Ihrem Kommentar nehmen Sie dann an der Verlosung teil. Es kann bis zum 30. April kommentiert werden. Anschließend wird die Gewinnerin/der Gewinner ausgelost. Viel Erfolg!
Zur Autorin: Madge Carolin Jenison (1874 –1960), in Chicago aufgewachsen, engagierte sich im Kampf für das Frauenwahlrecht, schrieb Kurzgeschichten und einige Romane und gründete 1916 in New York City mit Mary Mowbray-Clarke die Buchhandlung »The Sunwise Turn«. Die Erstausgabe von Sunwise Turn erschien 1923 bei E.P.Dutton.
Madge Jenison: Sunwise Turn. Eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher
Originaltitel: Sunwise Turn: A Human Comedy of Bookselling
Aus dem Englischen von Ariane Böckler. Mit einem Nachwort von Marion Voigt
edition ebersbach 2014 (blue notes 52)
Gebunden 248 Seiten
ISBN 978-3-10-021511-6
Euro 15,80
23. April 2014 um 08:08
Gibt es eigentlich etwas Schöneres als Buchhandlungen? Hmm..vielleicht die eigenen Bücher zu Hause. 🙂 Deswegen würde ich mich sehr über ein Exemplar freuen und es gemeinsam mit einer Liebeserklärung an die Welt der Bücher mit großer Freude in mein Regal stellen
23. April 2014 um 08:48
Diese Frauen waren Schwestern im Geiste…ich bin nur ein paar Jahrzehnte zu spät geboren…aber ich bin auch sicher, dass es nie wirklich zu spät ist!
29. April 2014 um 19:36
Liebe Martina Bannwarth,
stimmt, es ist nie zu spät, sich in das Wagnis einer Buchhandlung zu stürzen. “Viele Frauen”, schreibt Madge Jenison in “Sunwise Turn”, “werden von ihren Ängsten beherrscht… Manchmal möchte ich Frauen, die vor irgend etwas Angst haben, fast dazu drängen, es erst recht zu tun, Wenn uns junge Mädchen mit vollem Ernst fragten, ob ob sie eine Buchhandlung aufmachen sollten, rieten wir immer zu – den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. .. Sämtliche Völkerbünde, Friedensparteien und Abrüstungskonferenzen sind nichts im Vergleich zu bestimmten kleinen Buchhandlungen, die wichtige Bücher verkaufen.”
Gruß von der Verlegerin dieses bezaubernden Buches.
Brigitte Ebersbach
23. April 2014 um 18:46
Hallo,
ich mag Bücher (seeehr:-)) und die Inhaltsangabe macht mich sehr neugierig. Gerade, weil es auch in Zeiten des Ersten Weltkriegs spielt.
Viele Grüße,
Melanie
23. April 2014 um 18:51
Ich finde Lebens- oder Projektbeschreibungen von Menschen anderer Zeiten immer interessant, daher mein Interesse für dieses Buch.
Grüße Sonja
23. April 2014 um 19:29
Das hört sich grandios an und würde meine riesige Büchersammlung verfeinern! Ich bin sehr neugierig auf den Inhalt des Buches.
23. April 2014 um 22:26
Als Tochter einer Buchhändlerin wurde mir die Liebe zu Büchern quasi in die Wiege gelegt. Und es ist etwas ganz anderes, Bücher in die Hand zu nehmen, darin zu blättern und sich dann für eins (oder mehrere 😉 ) zu entscheiden als irgendwo im Internet, wo man oft nicht mal vernünftige Infos zum Buch bekommt außer: “andere Kunden kauften auch…”. Brr.
23. April 2014 um 23:35
Dieses Buch würde ich sehr gerne selbst lesen und danach direkt meiner Nachbarin schenken, die selbst Buchhändlerin ist.
24. April 2014 um 11:55
Ich bin als Lektorin selbst an der Entstehung von Büchern beteiligt, und eine solche Liebeserklärung an die Welt der Bücher, die aus dem Herzen kommt, muss unbedingt den Weg zu mir finden …
24. April 2014 um 19:29
ach ja, die bücher. sind sie nicht zauberhaft?!
ich möchte das buch gewinnen, weil dessen inhaltsangabe wahnsinnig interessant klingt!
viele grüße!
24. April 2014 um 21:23
Meine Lieblingsbuchhandlung war in Speyer – aber das ist eine andere Geschichte, die es wohl nie zwischen zwei Buchdeckel schaffen wird. Um so lieber würde ich diese Geschichte lesen!
24. April 2014 um 21:35
Die Rezension versprüht förmlich die Liebe zu Büchern, die die beiden Frauen hatten und verbreiten wollen. Als Buchliebhaberin liebe ich Bücher über Bücher, aber auch Bücher über starke Frauen. Dieses Buch verbindet beides und gibt noch einen Einblick in eine interessante Zeit. Besser geht es kaum!
25. April 2014 um 07:29
Buchhandlungen sind für uns Bibliophile doch immer wieder magische Orte. Die vielen Geschichten, die vielen Leben. Und Buchhandlungen in Bücher vermitteln dieses Gefühl der Büchermagie. Außerdem finde ich es sehr interessant, die Geschichte der Frauen lesen zu können, die mutig waren und ihren Traum verwirklichten. Das schaffen nicht viele.
Lg
Eva
27. April 2014 um 01:33
Cool! Da würd ich gern mitmachen. 🙂 Ist es nicht jedermanns Traum Besitzer einer eigenen Buchhandlung zu sein?! <3 Außerdem liebe ich Bücher über Bücher/ Buchhandlungen/Bibliotheken/Bibliothekare/Leser, von daher würde ich es sehr, sehr gerne lesen! 🙂 Liebe Grüße, Sami
27. April 2014 um 22:12
Ich liebe Bücher, Buchhandlungen, Bibliotheken ….. über alles. Meine eigene kleine Hausbibliothek habe ich schon recht gemütlich gestaltet, und da würde sich dieses Buch einfach prima integrieren. Mal eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher zu lesen, anstatt sie selber zu machen, ist bestimmt auch sehr erquickend !
Vielen Dank für die Verlosung dieses tollen Buches !!
28. April 2014 um 09:20
Der mutige Blick der schönen Frau auf dem Cover, das beschriebene Projekt, die Zeit, das Ambiente und überhaupt alles zusammen klingt in meinen Ohren nach vielversprechender und fesselnder Lektüre, in die ich liebend gerne eintauchen würde!
28. April 2014 um 12:28
Sunwise Turn: “Eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher” –
der Titel ist Grund genug, warum ich gerne an der Verlosung dieses Buches teilnehmen möchte!
Die besten Grüße, Mechthild
28. April 2014 um 20:42
Da probier ich doch mein Glück. Mein eigener Lostopf steht hier http://amberlight-label.blogspot.de/2014/03/4-blog-geburtstag-verlosung.html
28. April 2014 um 23:37
Es kann nichts schöneres geben als eine Buchhandlung. Da ist man sehr gespannt, wie es weiter geht.