Jeden Monat erscheinen im Netz so viele anregende und aufregende Texte, dass wir mit dem Lesen oft gar nicht mehr hinterherkommen. #lesbar sammelt diese Perlen und präsentiert sie jeden letzten Donnerstag im Monat auf dem BücherFrauen-Blog – handverlesene Lese- und Teilempfehlungen zu Themen, die BücherFrauen und andere buchbewegte Menschen interessieren.
Während sich die Buchbranche im Februar langsam auf die Leipziger Buchmesse vorbereitete, wurden im Netz einige hochaktuelle Themen diskutiert, so die Notwendigkeit des Lektorats im Selfpublishing, die Haltung von Verlegern und Verlegerinnen gegenüber dem digitalen Wandel oder neue Geschäftsmodelle im mobilen Zeitalter. Für Selbstständige waren die Ergebnisse einer Onlinebefragung zum Thema Scheinselbstständigkeit relevant, die anlässlich eines geplanten Gesetzes durchgeführt wurde. Abgerundet wird unsere Auswahl für diesen Monat durch Überlegungen zu einer neuen Frauenbewegung und eine humorvolle Anleitung zum Umgang mit BuchhändlerInnen.
Ist ein Lektorat nötig für ein gutes Buch? Die Selfpublisherin Anja Bagus sagt Nein und nimmt in einem Text auf ihrem Blog ausführlich dazu Stellung, warum ein Lektorat ihrer Meinung nach kein Qualitätskriterium für Bücher ist: „Ich bin froh, dass die meisten Selfpublisher den Kopf hoch halten. Es ist ein sauschweres Geschäft. Auch ohne Bashing. […] Daher: Lasst euch nichts erzählen. Es braucht keinen Bücher TÜV oder eine andere Zensur. Was schlecht ist, wird einfach nicht gelesen werden.“ Ihr sehr persönlicher Beitrag entfachte eine hitzige Diskussion in Selfpublishing- und Textprofi-Kreisen. Auf dem Blog von edel & electric sind die Reaktionen und Meinungen einiger Lektorinnen und Autorinnen versammelt.
Die Übergriffe in der Silvesternacht in Köln haben viel in Bewegung gebracht – auch in feministischen Kreisen. Franziska Schutzbach schildert ihren Eindruck von einer gesteigerten Aktivität, von neuen Projekten, Zusammenschlüssen und Ideen, die die unterschiedlichsten Menschen zusammenbringen: „Feminismus definiert sich zunehmend darüber, nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die eigenen Paradigmen immer wieder zu hinterfragen. Hinter den neuen Allianzen steckt kein Komplettlösungs-Habitus, sondern ein ‚Jetzt-ist-die-Zeit gekommen‘, die Werkzeugkiste feministischer Analytik und Praxis nochmal ganz weit zu öffnen, zu teilen, einzubringen, anzubieten.“ Einen sehr guten und differenzierten Artikel über die Pluralität des Feminismus von heute liefert Antje Schrupp.
Um die potenziellen LeserInnen zu erreichen, die jeden Tag das mobile Internet nutzen, probieren immer mehr Verlage neue Textformen und Geschäftsmodelle aus. Dieser Beitrag des digitalen Radiosenders detektor.fm stellt einige davon vor und beinhaltet ein Interview mit der Buchwissenschaftlerin Svenja Hagenhoff, die die aktuelle Entwicklung in der Branche mit früheren Veränderungen vergleicht und sehr gelassen nimmt: „Wenn man so ein bisschen in die Geschichte des Buches hineingeht, dann muss man feststellen, dass viele der vorgestellten Konzepte eine Revolution im wahrsten Sinne des Wortes sind. Nämlich eine Rückkehr zum Anfangszustand.“
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) präsentierte im November 2015 einen Gesetzesentwurf, der u. a. neue Regelungen zur Feststellung von Scheinselbstständigkeit enthielt und viel Kritik und Sorge auslöste. Von Mitte Dezember bis Ende Januar führte der VGSD in Kooperation mit deskmag und gruendungszuschuss.de eine Onlinebefragung zu diesem Thema durch, um den Bedarf und den Nutzen der vorgestellten Änderungen zu ergründen. Die detaillierten Ergebnisse der Befragung, an der über 4000 Selbstständige teilnahmen, finden sich nun auf der VGSD-Website. Eine kommentierte Auswertung der Befragung liefert das deskmag.
Auf der Jahreshauptversammlung der AG Publikumsverlage (AG Pub) in München redete Bestsellerautorin und Buchbranchenexpertin Nina George Klartext und kritisierte das asymmetrische Verlag-AutorInnen-Verhältnis sowie das fehlende politische Mitdenken und Mitgestalten von Verlegern und Verlegerinnen: „Wer noch die digitale Welt mit der analogen vergleicht oder gar gleich setzt, hat sie noch nicht verinnerlicht. Ein E-Book unterliegt anderen Regeln und Möglichkeiten als ein Papierbuch. Die gesamte digitale Buchbranche ist eine andere, doch zurzeit machen nicht Sie die Regeln. Sondern eine europäische wie nationale Politik, die es den fünf größten Internetunternehmen leicht macht, sich die Gesetze selbst zu machen oder auszulegen – und Ihnen schwer.“
Nicht nur Verlage und AutorInnen haben es schwer im zunehmend digitalisierten Buchmarkt, auch BuchhändlerInnen müssen um ihre Kundschaft kämpfen. Zu selten werden sie für ihre schwierige Arbeit wertgeschätzt. Kathrin Passig und Ira Strübel liefern mit ihrem Text eine augenzwinkernde Anleitung zum richtigen Verhalten im Buchladen, die nicht nur BuchhändlerInnen schmunzeln lässt: „Generell macht man sich beliebt, wenn man Lebensmittel oder sonstige potenziell buchbesudelnde Substanzen nicht mit in die Buchhandlung bringt. Versuchen Sie auch, sich das Befeuchten des Blätterfingers mit Speichel zu verkneifen. Und öffnen Sie Taschenbücher nur so weit wie unbedingt nötig: 45-Grad-Winkel-Leser werden von der Buchhändlerin als Fachleute akzeptiert und geschätzt, 90-Grad-Leser sorgenvoll beäugt. Alles über 90 Grad kann nur bedeuten, dass Sie Bücher verabscheuen und sie vernichten möchten, eins nach dem anderen.“
Mit dem Blog Herland rief eine Gruppe von Autorinnen eine Plattform ins Leben, um sich Literatur von Frauen unter einem feministischen Blickwinkel zu widmen. Krimiautorin und Verlegerin Zoë Beck beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit den Begriffen „Frauenliteratur“ und „Frauenspannung“ und mit Autorinnen, die sich nur schwer in solche Schubladen stecken lassen: „Die Abgrenzung zu der Männerwelt ist so deutlich wie eh und je. Die kommerziell erfolgreiche Frauenspannung ist wie das rosafarbene Kinder-Überraschungsei: Angeblich sollen die Mädchen (Frauen) in ihrer Rolle bestärkt werden. Letztlich werden sie wieder nur ausgegrenzt und in ihre Schranken verwiesen.“
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