Vorhang auf und Bühne frei für engagierte Frauen. Ehrenamt und Engagement bekommen in dieser Blog-Interviewreihe ein Gesicht. Die Fragen stellte Doreen Schröter. Heute: Sabine Muhl – Pressefrau Hamburg.
Wer bist du und wie bist du zu deiner Aufgabe bei den BücherFrauen gekommen?
Mein Name ist Sabine Muhl, ich bin Medienwissenschaftlerin, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Hybrid-Autorin, das heißt, ich veröffentliche im Fremdverlag und als Selfpublisher*in. Seit 2016 bilde ich mich als Übersetzerin für Leichte Sprache (LS) weiter und plane für diesen Sommer meine erste Buchveröffentlichung in LS.
Auf die BücherFrauen bin ich Ende letzten Jahres aufmerksam geworden – ganz klassisch über eine bekannte Suchmaschine und die Website, und da im Januar turnusgemäß Wahlen stattfanden, hab ich mich zur Verfügung gestellt. Pressearbeit habe ich in den 90ern als Freie begonnen. Später erweiterte sich mein Profil um PR-Tätigkeiten.
Was macht dir dabei am meisten Spaß?
Ich treffe inspirierende Menschen und kann Themen ins öffentliche Leben einbringen und daher mitgestalten. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Thema Inklusion. Da stehen wir noch ganz am Anfang und das ist eine spannende Entwicklung – nicht nur für die Buchbranche.
Warum bist du bei den BücherFrauen aktiv?
Ich lese gern meinen Namen in der Zeitung. Nein, Spaß! Ich hoffe, andere Frauen für wichtige Themen zu interessieren. Aktuell befinden wir uns ja in der Dekade der Grundbildung und Alphabetisierung. Da bieten sich neue Möglichkeiten und vielleicht kann ich bei den BücherFrauen noch weitere Interessierte dafür gewinnen. Das hätte ich sicher auch als „normales“ Mitglied getan, aber Ehrenämter gehören für mich schon seit fast drei Jahrzehnten zum Alltag. Es macht Spaß und ist noch einmal eine intensivere Form der Vernetzung.
Was hast du im Ehrenamt gelernt?
Es schult den Blick auf die Menschen und das Leben. Vor allem zwischenmenschlich habe ich viel gelernt. Es ist einfach entspannter, leidenschaftlicher und mitunter auch liebevoller, als mit hauptamtlichen Kolleg*innen zu arbeiten. Ehrenamtlich tätig sein zu wollen bedeutet, zusätzlich zu investieren. Es bringt keine Geldressourcen mit sich, man will das wirklich, was man da tut und hat weniger Druck. Ehrenamt ist ja die Amarenakirsche auf dem Topping, während Haupt/-Nebenamt mitunter auch leidvoll sein kann. Und ich kann immer wieder an meinen organisatorischen Kompetenzen feilen.
Was tust du, wenn du nicht für die BücherFrauen aktiv bist?
Ich arbeite hauptberuflich in einem Inklusionsprojekt. Nebenberuflich gründe ich gerade einen Verlag für Publikationen in LS. Dafür suche ich weitere Autorinnen, gern mit eigenen Texten. Ich habe gehört, Krimis und SciFi sind erwünschte Genres in LS. Die Themen unterscheiden sich wie in der standardsprachlichen Buchwelt. Nur weil Kinderbücher leichter zu lesen sind, will kein Erwachsener ein rosa Einhorn vor der Nase haben (sorry, guys). Publikationen in LS sind ja ein Nischen-Nischen-Produkt – noch.
Ehrenamtlich bin ich außerdem noch als Schöffin, unicef-Mitarbeiterin und als Nachhilfe-Koordinatorin in der Flüchtlingshilfe tätig. Das klingt nach sehr viel, manchmal sind es aber nur wenige Stunden im Jahr, und bei manchen Dingen bin ich eben langjährig anhänglich.
An welchem Projekt arbeitest du aktuell?
Ich schreibe an einem Sachbuch, zunächst standardsprachlich, eventuell wird es auch eine Fassung in – Achtung – Einfacher Sprache geben, da gibt es deutliche Unterschiede zu LS. Parallel dazu übersetze ich einen Kinderbuchklassiker in LS. Im Herbst folgt vielleicht (manchmal wäre der achte Tag der Woche nützlich) die englische Übersetzung des Klassikers („easy to read“).
Außerdem schreibe ich eigene Sach-Kurzgeschichten in LS zum Thema Weltreligionen – auf Deutsch und Englisch. Der englischsprachige Markt braucht ja auch Lesefutter.
Schulbuchausgaben sind auch ein reizvolles Thema, bitte sprecht mich gern an, liebe Schulbuchverlage.
Wobei kannst du Unterstützung aus dem Netzwerk gebrauchen?
Alles rund ums Verlagswesen ist neu für mich. Auch wenn die Vertriebsstrukturen bei „diesen“ Büchern andere sind, bleiben trotzdem viele Fragen. Leider gibt es dieses Jahr mangels Woman-Power kein Mentoring-Programm in Hamburg, da die Energien für den großen Event „BücherFrauen-Jahrestagung“ im November gebündelt werden. Also, wenn ich mir etwas wünschen dürfte: eine Mentorin auch ohne offizielles Programm wäre fein. Oder Hilfe bei einer Crowdfunding-Aktion, die ich eventuell anstrebe, um mein Pilotprojekt anzuschieben.
Was ist dein Lebensmotto?
Das wechselt. Wenn es trubelig wird, ist mein tägliches Mantra: „Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht“, weil mir manchmal die Dinge nicht schnell genug vorangehen und ich mir mein Lieblingsthema Geistesschulung in Erinnerung rufen muss. Das ist einfach die Grundlage von allem. Neben dem bekannteren Achtsamkeitsbegriff umfasst die Geistesschulung tiefere, spirituelle Aspekte. Das gilt für alle Religionen, auch im Talmud heißt es:
„Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.“
Wir prägen uns selbst ununterbrochen, daher sind heilsame Gedanken besonders wichtig, egal welche Glaubensrichtung man favorisiert.
Und ein Zitat, das S.H. Dalai Lama zugesprochen wird: „Unsere wahre Aufgabe ist es, glücklich zu sein.“ Das habe ich nach einigen Umbrüchen geschafft. Ich bin ein ziemlich glücklicher Mensch.
4. April 2017 um 10:21
Danke, Doreen und Sabine, für die guten Fragen und die offenen spannenden Antworten.
13. April 2017 um 09:41
Hallo Frau Muhl,
eine tolle Idee, diese Verlagsgründung. Ich beschäftige mich schon lange mit leichter und einfacher Sprache. Ich habe einen geistig behinderten Bruder, der gut lesen kann, aber eher Hörbücher, überwiegend Kinderbücher hört. Ich bin Sonderschullehrerin und Lerntherapeutin und arbeite in einer inklusiven Montessorischule. Ich habe bereits drei Bücher für meine Schüler in einfache Sprache übertragen, weil es kaum Kinderbuchklassiker für Kinder mit langsamem Schriftspracherwerb gibt. Für ältere und Erwachsene gibt der Münsteraner Verlag, Cornelsen u.a. ja viele Bücher heraus. ich würde mich freuen, wenn sie diese kleinen Schüler mit in den Blick nähmen.
Die Probleme mit leichter Sprache kennen Sie sicher selbst. Wenn dieser Schriftgebrauch nur ein Durchgangsstadium ist, erlernen die Schüler eine falsche Rechschreibung. Der Trennpunkt statt Bindestrich scheint mir der bessere Weg.
Alles Gute für den Start wünscht Hildegard Eich