BücherFrauen

Ein Beitrag zur Debattenkultur in der Buchbranche

Brigitte Ebersbach & Sascha Nicoletta Simon (Hg.): Büchernärrinnen

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Als BücherFrauen wissen wir natürlich, dass es zahlreiche Frauen gibt und gab, die eine Leidenschaft für Bücher hegen, sei es als Verlegerinnen, als Autorinnen oder als Buchhändlerinnen. In diesem Buch, das von den beiden Verlegerinnen Brigitte Ebersbach und Sascha Nicoletta Simon zusammengestellt wurde, werden uns einige legendäre Frauen vorgestellt.

Nicht nur die beiden Herausgeberinnen sehen ihren Beruf als Berufung. Die zwölf Porträts in diesem Text-Bild-Band machen deutlich, dass sie sich dabei in guter Gesellschaft befinden. Sie sind ein Stück Geschichte von Frauen in der Buchbranche, da ausschließlich historische Frauen vorgestellt werden. Bedauerlich ist, dass die Namen der Autorinnen zwar im Inhaltsverzeichnis genannt werden, nicht aber bei ihren jeweiligen Texten.

Den Einstieg macht Susanne Nadolny mit ihren Porträts der beiden legendären Buchhändlerinnen des Paris zu Anfang des letzten Jahrhunderts: Adrienne Monnier und Sylvia Beach, die erste verkaufte französische Bücher in La Maison des Amis des Livres, die zweite englischsprachige in Shakespeare and Company, außer Kolleginnen waren sie auch noch Geliebte. Aber bereits am Beispiel von Adrienne Monnier wird deutlich, dass leidenschaftliche Bücherfrauen sich selten auf nur einen Bereich beschränken. So wirkte sie auch als Übersetzerin, Redakteurin und Herausgeberin von Literaturzeitschriften. Bekannt wurde sie vor allem als Verlegerin von James Joyce, dessen Werk Ulysses sie auf Französisch und Sylvia Beach auf Englisch herausgab.

BüchernärrinnenVon Marion Voigt stammt das Porträt der amerikanischen Buchhändlerin Madge Jenison, die sich mit der Gründung ihrer Buchhandlung The Sunwise Turn 1916 in New York zusammen mit einer Freundin einen Traum erfüllte. Wie sie sich gewünscht hatte, sollte der Laden Teil des Lebens, das um ihn herum pulsierte, und zu einem kulturellen Mittelpunkt in Manhattan werden.

„Schreiben … das ist ein göttliches Fieber, das Wangen und Stirn durchglüht, während ein glückseliges Ende die schreibende Hand über dem Papier erstarren lässt. Und das bedeutet auch, die Zeit zu vergessen, das bedeutet, faul auf dem Diwan zu liegen.“ (Colette)

Auch am Porträt von Virginia Woolf – geschrieben von Alexandra Lavizzari – wird die oben bereits erwähnte Vielfältigkeit deutlich. Sie war nicht nur Autorin, sondern auch Verlegerin der Hogarth Press, für die sie die von ihr verlegten Bücher selber setzte („Wie aufregend, beruhigend, erhebend und befriedigend ist doch das eigenhändige Setzen der Buchstaben.“), und Literaturkritikerin. Was die Ablehnung von Ulysses betrifft, irrt sich die Autorin jedoch: Es war keinesfalls so, dass Woolf das Manuskript gleich gelangweilt zur Seite gelegt hätte, sie hat durchaus die Bedeutung dieses Werkes erkannt, auch wenn sie Kritik daran hatte, letztendlich wäre es aber ein zu zeitraubendes Unterfangen geworden, diesen sehr langen Roman mit der Hand zu setzen, sie hätten Jahre dazu gebraucht. Ein Hindernis, das nur zu einer Ablehnung führen konnte, so sehr sie diese auch bedauerte.

Ähnlich wie Woolf erlebte es auch Nancy Cunard, die britische Journalistin, Lyrikerin und Verlegerin der Hours Press, die hier von Unda Hörner porträtiert wird: „Alles, was mich wirklich interessierte, war das Setzen von Hand, die Auswahl des Papiers und der Bindung.“

Barbara Sichtermann schreibt über die einzige Frau aus dem deutschsprachigen Raum, die in diesem Band porträtiert wird: Caroline Schlegel-Schelling, die wohl bekannteste Frau der Romantik, die durch ihre umfangreichen Briefwechsel bis heute bekannt ist.

„Für mich persönlich ist einer der Gründe, warum ich schreibe, die Unvollständigkeit realer, gelebter Erfahrung.“ (Simone de Beauvoir)

Allen Frauen ging es um die Verwirklichung eines Lebenstraums, egal ob die Finanzen stimmten, wie anfangs bei Nancy Cunard oder wie Margaret Anderson in einem Zelt leben mussten, um ihre Zeitschrift The Little Review finanzieren zu können.

„Ob sie nun Bücher verlegten, verkauften, schrieben oder verbreiteten – Bücher waren offenbar imstande, ihnen eine unvergleichliche Art der Verzauberung zu bieten, die sie brauchten, um glücklich zu sein.“ (Brigitte Ebersbach & Sascha Nicoletta Simon)

Ergänzt wird der Band von einem Nachwort von Gertrud Lehnert über Büchernärrinnen in der Literatur. In einem kleinen Exkurs über diverse AutorInnen und Romane – von Virginia Woolf und Jane Austen bis hin zu Antonia S. Byatt und Cornelia Funke – beschäftigt sie sich mit Fiktion und Wirklichkeit – und ob Frauen in der Literatur in der Lage waren, diese auseinanderzuhalten.

Ein schön aufgemachter Band, der daran erinnert, dass es immer schon Frauen gegeben hat, die ihre Leidenschaft für Bücher auf die unterschiedlichsten Arten ausgelebt haben.

Zu den Herausgeberinnen: Brigitte Ebersbach und Sascha Nicoletta Simon gehören zur Spezies der leidenschaftlichen Büchernärrinnen. Als Liebeserklärung an die Branche und ihren Beruf, der zugleich Berufung ist, haben die beiden Verlegerinnen diesen Text-Bild-Band herausgegeben.

Brigitte Ebersbach & Sascha Nicoletta Simon (Hg.): Büchernärrinnen
ebersbach & simon 2015
Gebunden mit Umschlag. 119 Seiten
ISBN 978-3-86915-099-4
Euro 25,00

Autor: Doris Hermanns

Doris Hermanns lebt nach 25 Jahren als Antiquarin in Utrecht/Niederlande seit 2015 in Berlin, wo sie als Redakteurin, Autorin, Herausgeberin und Übersetzerin tätig ist. Seit 2000 ist sie in der Redaktion der Virginia Frauenbuchkritik, seit 2012 in der Redaktion des Online-Magazins AVIVA-Berlin. Zahlreiche Porträts von Frauen auf www.FemBio.org. Sie veröffentlichte u. a. die Biografie der Schriftstellerin und Tierbildhauerin Christa Winsloe sowie deren Feuilletons. 2021 gab sie den Roman "Christian Voß und die Sterne" von Hertha von Gebhardt heraus, an deren Biografie sie arbeitet. Neueste Veröffentlichung: »Und alles ist hier fremd«. Deutschsprachige Schriftstellerinnen im britischen Exil. Von 2016 bis 2020 war sie Städtesprecherin der BücherFrauen in Berlin. BücherFrau des Jahres 2021.

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